Samstag, 12. Mai 2012

"Dark Shadows": Vampir-Soap-Opera ohne Biss

"Dark Shadows" ist Tim Burtons und Johnny Depps achte Zusammenarbeit und basiert auf einer gleichnamigen amerikanischen Soap Opera der 60er, in der der durch einen Fluch zum Vampir gewordene Barnabas Collins nach knapp 200 Jahren in den 1970er Jahren versucht, seinem Familienunternehmen zu altem Glanz zu verhelfen. Wie es sich für eine Soap Opera gehört, folgen die üblichen Intrigen.

Dies ist nur einer der diversen Handlungsstränge, die Tim Burtons Kinoversion erzählen möchte. Im Vorspann erfahren wir, dass Barnabas' Eltern sich im Amerika des 18. Jahrhunderts durch Unternehmergeist ihren Reichtum erarbeitet haben. Als Erwachsener verscherzt Barnabas (Johnny Depp) es sich mit der Magd Angelique (Eva Green), da er eine andere Frau liebt. Dummerweise ist Angelique eine Hexe und belegt die Familie Collins mit einem Fluch, durch den Barnabas alle Menschen verliert, die ihm wichtig sind - um dann fortan die Ewigkeit als Vampir eingesperrt in einem Sarg zu verbringen. 1972 wird er jedoch zufällig befreit und macht es sich zur Aufgabe, das heruntergekommene Familienunternehmen wieder aufzubauen. Doch Angelique setzt alles daran, ihm weiterhin das Leben schwer zu machen.

Ich weiß ehrlich gesagt gar nicht so richtig, was ich zu "Dark Shadows" sagen soll. Es ist ein Burton/Depp-Projekt und eigentlich müsste ich als Fan schon aus Prinzip in Begeisterungsstürme ausbrechen, aber der Film hat mich überraschend wenig berührt. Wie immer bei Burton sieht er wunderbar aus - der Vorspann ist atmosphärisch düster, die 70er sind sehr schön wiederbelebt, die Kostüme von Colleen Atwood wunderbar, der Showdown für diese Art Film passend überdreht und recht effektvoll. Von der technischen Seite her habe ich nichts zu meckern - auch die Musik von Burtons Hauskomponist Danny Elfmann passt gut, und die 70er-Jahre-Songs sind passend gewählt.


Problematisch wird es beim Rest. Es ist schade, dass der Film in den Trailern als lockere Horrorkomödie verkauft wird. Es gibt einige wirklich gute Lacher, ausgehend von Barnabas' Verwirrung aufgrund der neuen Zeit, Wortwitzen (da Barnabas sich natürlich noch immer ausdrückt wie im 18. Jhd.) und Ähnlichem. Aber gleichzeitig möchte der Film eben auch Familiendrama und Romanze sein und intrigantes Verwirrspiel sein, was leider nicht richtig funktioniert. Weil so viel erzählt werden muss, bleibt keine Zeit, die Figuren richtig zu entwickeln. Wir haben Barnabas vs. die wilden 70er, den Wiederaufbau des Familienunternehmens inkl. Konkurrenz zu Angeliques eigener Firma, einen missverstandenen Teenie, Barnabas vs. Angelique, Barnabas und seine Liebe zu Nanny Victoria und ihre traurige Hintergrundgeschichte, herumirrende Geister, und noch einiges mehr.
Hätte man sich auf einige wenige, für die Kernhandlung wichtige Aspekte beschränkt, wie z. B. die Liebe zwischen Barnabas und Victoria (die leider so überhaupt nicht entwickelt ist, da kann Victoria aussehen wie Barnabas’ verlorene Liebe so viel sie will) oder die Hassliebe zwischen Barnabas und Angelique, wären mir die Charaktere sicherlich mehr ans Herz gewachsen. So aber fiel es mir schwer, mich wirklich für das Schicksal der Charaktere zu interessieren. Schade daran ist auch, dass – obwohl sich der Film in der Mitte hin und wieder zieht – das Ende plötzlich sehr überstürzt wirkt, so als wäre der Film schon zu lang geworden und man wollte das Ganze schnell abschließen.

 Die Schauspieler halfen mir leider auch kaum dabei. Keiner ist schlecht, aber... nun ja, bei dieser Besetzung habe ich einfach mehr erwartet als „gut wie immer“ oder „ordentlich“. Johnny Depp ist als Barnabas unterhaltsam und in manchen Szenen auch passend melancholisch bzw. ob seiner Existenz verzweifelt. Aber gerade dieser Aspekt, das Leiden des zum ewigen Leben verdammten Vampirs, wurde für mich nicht genug herausgearbeitet, gerade da Depp dafür bekannt ist, solche Szenen sehr gut zu spielen (man denke an „Sweeney Todd“). „Dark Shadows“ gehört sicherlich nicht zu Depps besten Leistungen, aber er gibt sich offensichtlich mehr Mühe als in „The Tourist“.
Aus dem Rest der Familie Collins sticht eigentlich niemand wirklich heraus. Michelle Pfeiffer als Oberhaupt Elizabeth ist passend stolz, mehr aber auch nicht. Chloe Grace Moretz hat leider zu wenig Szenen als angenervtes Teeniemädel Carolyn, war aber für einige Lacher gut. Jonny Lee Miller als Elizabeth’ Bruder David hatte nicht allzu viel zu tun in der unterentwickelten Rolle des verantwortungslosen Vaters, und Gulliver McGrath als sein Sohn David war zumindest ein sympathisches Kind. Helena Bonham-Carter musste sich in der Rolle der stets betrunkenen Psychiaterin Dr. Hoffman auch nicht besonders anstrengend, und von Hausmeister Willie (Jackie Earle Hailey) hätte ich definitiv gerne mehr gesehen.
Bella Heathcote als Victoria ist noch die „normalste“ Figur im Haus der Familie Collins, bekommt aber leider nicht genug Zeit, um ihren wichtigen Charakter wirklich ausbauen zu können. Wirklich toll fand ich Eva Green als Angelique; sie spielte die verratene Geliebte richtig schön überzeugend fies und ließ hin und wieder auch die Verletztheit ihrer Figur durchblicken. Außerdem durfte sie einige der schönsten Kleider vorführen.

Ich bin in diesen Film nicht mit den falschen Erwartungen gegangen, die mancher Kinobesucher sicherlich aufgrund der Trailer haben dürfte. Aber ich habe bei dem Gespann Burton/Depp einfach deutlich mehr erwartet, da ihre Arbeit in der Vergangenheit ja häufig sehr schön charakterlastig war. Hier wollte man jedoch offensichtlich einfach zu viel auf einmal und ein oder zwei Drehbuchüberarbeitungen (und rigorose Streichungen von halbgaren Handlungsfäden) wären sicherlich ratsam gewesen.

Fazit: Leider nicht der erhoffte große Wurf vom Dreamteam Burton und Depp. „Dark Shadows“ krankt an einem Drehbuch, das zu viel will und dadurch keinem der Charaktere gerecht wird. Die Darstellerleistungen sind ordentlich, technische Aspekte wie erwartet sehr gut und der Humor sitzt zumeist. Keine Katastrophe, aber leider nur Mittelmaß.

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