Donnerstag, 10. Oktober 2013
"Rush - Alles für den Sieg": Packend wie ein gutes Formel1-Rennen
Ob aktuell Lewis Hamilton gegen Sebastian Vettel oder der ewige Kampf Ferrari gegen McLaren, Rivalität gehört seit jeher zur Formel 1. Mitte der 70er Jahre waren alle Augen auf die Konkurrenten James Hunt und Niki Lauda gerichtet. Während Hunt seinen Ruf als wildes Partytier mit jeder Menge Alkohol und ständig wechselnden Liebschaften pflegte, schraubte Lauda lieber selbst an seinem Wagen herum und ging seinen Technikern mit seinem Perfektionismus auf die Nerven. Eins hatten diese beiden grundverschiedenen Charaktere jedoch gemeinsam: den Glauben daran, besser zu sein als alle anderen.
1975 wurde Lauda Weltmeister, und auch in der Saison 1976 lief es zunächst gut für ihn, während Hunt immer wieder mit technischen Fehlern zu kämpfen hatte. Und dann kam der deutsche Grand Prix auf dem Nürburgring, bei den Fahrern auch heute noch als „grüne Hölle“ bekannt. Aufgrund schlechter Wetterbedingungen, welche die Strecke noch gefährlicher machten als sie es ohnehin schon ist, schlug Lauda vor, das Rennen abzusagen, was von den anderen Fahrern und v. a. Hunt nicht gut aufgenommen wurde. Das Rennen wurde gestartet, der Rest ist Geschichte.
Die Formel 1 wird nur selten für Filme genutzt, aber mit „Rush“ könnte sich das ändern, denn Ron Howard ist (nach eher durchwachsener Arbeit in den letzten Jahren) ein richtig guter Film gelungen. Die wahre Geschichte bietet genug Zündstoff für einen packenden Film, und auch Dank des sehr guten Drehbuchs von Peter Morgan („Frost/Nixon“) gelingt es dem Film, den Zuschauer mitzureißen, und das, obwohl der Ausgang der Handlung eigentlich hinlänglich bekannt ist. Aber zu wissen, was passiert, ist immer noch etwas anderes als es sozusagen zu „erleben“, denn wer von uns kann schon behaupten, damals live vor dem Fernseher gesessen zu haben?
Und erleben tut der Zuschauer die Geschehnisse des Jahres 1976. Das Drehbuch bringt uns diese zwei schwierigen Charaktere näher und macht sie zu Helden, ohne sie zu verherrlichen. Die Rennszenen werden von Anthony Dod Mantle toll eingefangen (teilweise mit Blick aus dem Cockpit, sodass man sich fragt, wie die Fahrer da überhaupt noch irgendwas sehen können) und von Hans Zimmer mit passend treibender Musik unterlegt. Ich war schon lange nicht mehr so angespannt wie vor dem Start des verhängnisvollen Nürburgring-Rennens.
Die Schauspieler sind großartig. Chris Hemsworth gibt den blonden, hünenhaften Briten James Hunt mit gerechtfertigter Arroganz und jugendlichem Charme, sodass es jederzeit nachvollziehbar bleibt, warum er a) so hoch gehandelt wird, und b) ihm die Herzen der Frauen nur so zufliegen. Aber auch die ernsthafte, verletzliche Seite bringt Hemsworth glaubwürdig rüber – sei es die bittere Verzweiflung , als er ohne Vertrag dasteht, oder die Schuldgefühle nach Laudas Unfall.
Auch Daniel Brühl als Niki Lauda ist hervorragend. Brühl hat sich ja eher unauffällig in diverse international Filme geschlichen (z. B. „Inglorious Basterds“) und mit dem am 31.10. startenden „Inside Wikileaks“ hat er einen weiteren hochgehandelten Film im Gepäck. Er hat den österreichischen Dialekt perfekt drauf und hatte außerdem das Glück, in der Vorbereitung mit Lauda sprechen zu können. Und als Lauda ist er wirklich nicht gerade liebenswert – er spielt die kalte Arroganz und den absoluten Pragmatismus des Österreichers sehr gut. Lauda eckte mit seiner Art im Fahrerlager deutlich mehr an als Hunt – keine Partys oder anderes „Socialising“, dafür morgens um 5 schon Besichtigung der Strecke, ständige Tüftelei am Wagen, Aussagen wie „Er hat zu spät gebremst, selber Schuld“ über einen im Training tödlich verunglückten Fahrer... nicht gerade ein Charmebolzen.
Und doch leidet man mit ihm, wenn er sich vom Sterbebett zurückkämpft auf die Rennstrecke, um sich im Kampf um die Weltmeisterschaft nicht komplett von Hunt abhängen zu lassen. Da will man, dass dieser eher unsympathische Kerl das schafft. Denn dass er auch anders und fröhlich kann (und sich außerdem seine Arroganz, genau wie Hunt, durchaus leisten kann) hat er uns vorher schon bewiesen.
Irgendwie versteht man dann auch, dass seine Frau Marlene zu ihm hält. Gespielt wird diese von Alexandra Maria Lara, und es ist noch die am meisten ausgearbeitete weibliche Rolle in „Rush“. Bei der Konzentration auf das zentrale Rivalenduo verständlich, wenn auch schade. Lara spielt Marlene auf eine unaufdringliche Art und strahlt dabei eine gewisse Stärke aus, die glaubhaft macht, dass Lauda sich zu ihr ernsthaft hingezogen fühlte.
Alle anderen Charaktere sind sehr gut besetzt und unterstützen die Charakterzeichnung von Hunt und Lauda. So gibt Natalie Dormer („Game of Thrones“) eine von Hunts frühen Affären mit Leidenschaft, und Olivia Wilde („Dr House“) spielt seine Frau und Model Suzy Miller mit passender Resignation.
Ron Howard ist ein zwei Stunden langer packender Blick auf eine spannende Zeit in der Formel 1 gelungen. Aus heutiger Sicht sind die Rennen in den 70ern eher erschreckend. Es war eine Zeit, bei der Sicherheit nur unter „ferner liefen“ rangierte, wo Fotografen im Grün direkt an der Rennstrecke lagen, Boxenstopps 30 Sekunden oder länger dauerten, Hightech-Kommunikation über In Ears noch in weiter Ferne lag und laut Statistik von ca. 70 Fahrern jede Saison zwei starben. Wenn man aber überlebte, konnte man zur Legende werden.
Fazit: "Rush" ist ein sehr gut erzähltes und packend inszeniertes Porträt zweier gegensätzlicher Charaktere, die in einem unglaublich fordernden Sport (fast) jedes Risiko eingehen, um den anderen zu schlagen. Gewinner dabei ist auf jeden Fall der Zuschauer.
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