Inside WikiLeaks – Die fünfte Gewalt
Der Film basiert auf zwei Büchern (von Daniel Domscheidt-Berg bzw. David Leigh und Luke Harding), die eher Assange-kritisch sind, dennoch zeichnet er kein einseitig negatives Bild des WikiLeaks-Gründers.
Wir folgen dem Deutschen Domscheidt-Berg (Daniel Brühl), der Julian Assange (Benedict Cumberbatch) 2007 auf einem Event des Chaos Computer Clubs in Berlin kennenlernt und gleich von der WikiLeaks-Idee fasziniert ist. Er steigt bei der Website ein und ist ab sofort ganz nah dabei, wenn die teilweise kontroversen Leaks (Julius Baer, Scientology, British National Party...) veröffentlicht werden. Doch Assange ist eine schwierige, wenn auch charismatische Persönlichkeit, und Domscheidt-Berg gerät immer öfter mit ihm aneinander, weil er den Schutz der Quellen nicht ausreichend gesichert sieht. Die Situation eskaliert 2010, als brisante Daten aus Afghanistan WikiLeaks zugespielt werden.
„Inside WikiLeaks“ orientiert sich offensichtlich am erfolgreichen Facebook-Film „The Social Network“, schafft es aber nicht, die Geschehnisse ebenso interessant zu präsentieren. Vieles läuft nun einmal im Inneren von Computern ab, was Regisseur Bill Condon dadurch verbildlicht, dass er einen imaginären, unendlichen Serverraum zeigt. Das mag Zuschauern helfen, die von Computern kaum Ahnung haben, und es schafft das ein oder andere gelungene Bild, mehr aber auch nicht.
Dafür wird zu viel von einem Ort zum nächsten gesprungen, es gibt sehr viele, teilweise nicht einmal mit Namen benannte Charaktere und hätte ich vorher nicht zumindest eines der Bücher gelesen, wäre ich mir womöglich etwas verloren vorgekommen. Viele der Leaks laufen so nebenbei, aufgrund des Films könnte ich z. B. So gut wie nichts über den für die Website sehr wichtigen Julius Baer-Leak erzählen. Immerhin bemüht sich Condon, die Geschehnisse rund um die Kriegs-Dokumente aus Afghanistan und dem Irak besser zu beleuchten, indem auch beispielhaft Schicksale gezeigt werden von Menschen, die direkt davon betroffen sind.
An den schauspielerischen Qualitäten gibt es nichts zu meckern. Daniel Brühl zeigt nach „Rush“ eine weitere überzeugende Leistung, und Benedict Cumberbatch scheint prädestiniert für solch schwierige, sich emotional abschottende Charaktere. Was Assanges Charakter angeht, ist man nach diesem Film so schlau wie vorher, aber Cumberbatch zeigt zumindest seine unterschiedlichen Facetten, vom sturen Kind zum weltmännischen Charmeur. In den weiteren Rollen finden sich viele bekannte Gesichter, so ein toller David Thewlis, oder Carice van Houten, Moritz Bleibtreu, Laura Linney und Stanley Tucci.
„Inside WikiLeaks“ verschenkt viel Potential, kann aber zumindest mit überzeugenden Schauspielleistungen punkten.
The Day of the Doctor
50 Jahre gibt es die britische TV-Serie “Doctor Who” über einen 900 Jahre alten Zeitreisenden nun schon, die es zu absolutem Kultstatus geschafft hat. Die Serie lief von 1963 bis 1989; der Versuch, sie 1996 mit einem Kinofilm wiederzubeleben, scheiterte. Dennoch wurde die Serie nie offiziell beendet und zur Freude der treuen Fans 2005 von Russell T. Davies erfolgreich neu aufgelegt. 2009 gab Davies die Leitung der Serie an Steven Moffat weiter, der kurz darauf mit "Sherlock" der BBC einen weiteren Hit bescherte. Einer Staffel mit Christopher Eccleston als neuntem Doctor (dem Problem des alternden Hauptdarstellers schaffte man Abhilfe, indem die Figur sich "regeneriert"; gleicher Inhalt, neues Design, sozusagen) folgten drei mit dem sehr beliebten David Tennant als Zehn und drei mit Matt Smith als Elf.
Zur Feier des 50. Geburtstags der Show strahlte die BBC am 23.11. ein ca. 70-minütiges Special aus, das im Vorfeld (wie so ziemlich alles, was Steven Moffat auch nur anschaut) kontrovers unter den Fans diskutiert wurde. In diesem bekommt es der elfte Doctor nicht nur mit einer Alienspezies zu tun, die mehrere hundert Jahre darauf gewartet haben, die Erde in Besitz zu nehmen; er trifft auch auf den zehnten Doctor und auf eine noch frühere Inkarnation seiner selbst – den Doctor aus dem Zeitenkrieg (John Hurt). Diesen hatte er sehr erfolgreich verdrängt, war er doch Schuld daran, dass sein Heimatplanet Gallifrey zerstört wurde, um damit die ultimativ bösen Daleks zu vernichten. Aber Zeit ist ja ziemlich dehnbar, und vielleicht lässt sich an der Vergangenheit doch noch etwas ändern...
Moffat ist es gelungen, ein rundum gelungenes Special zu präsentieren, das selbst seine härtesten Gegner milde stimmen sollte. Tennant und Smith würde man gern noch viel öfter zusammen sehen, so schön sind die kleinen Zickereien über schlechten Modegeschmack und fürchterliche Inneneinrichtung der TARDIS, oder die ganzen Gemeinsamkeiten, denn sie sind nun mal ein und dieselbe Person. John Hurt als Kriegs-Doctor fügt sich da sehr gut als leicht ungläubiger Beobachter ein („Ist das eine Midlife-Crisis?!“) und macht auch seinen inneren Konflikt über seine Entscheidung im Zeitenkrieg sehr deutlich. Die Emotionen stimmen hier einfach.
Diverse Anspielungen auf alte Folgen (sogar Captain Jack Harkness wird erwähnt!), Billie Piper als Rose, Jenna Coleman als Clara (Elfs aktuelle Begleitung), Daleks, leicht trashige Aliens und Special Effects – der Fan bekommt hier das volle Paket.
Viele hätten es Moffat sicher nicht zugetraut, aber er schafft es tatsächlich, viele in den letzten Staffeln aufgeworfene Fragen zu beantworten und mit einem grandiosen Schlussbild auszublenden, während der elfte Doctor weiterreist und dabei etwas im Gepäck hat, was im lange Zeit fehlte: Hoffnung.
Ähnliche Artikel:
- Filmkritik "Rush - Alles für den Sieg"
- Serienkritik "Sherlock"
Keine Kommentare:
Kommentar veröffentlichen