Freitag, 23. Januar 2015

Johnny Depp blödelt sich recht unterhaltsam durch "Mortdecai"



Lord Charlie Mortdecai (Johnny Depp) ist Gentleman, schwindelnder Kunsthändler, und dummerweise komplett pleite. Das hat sich mittlerweile auch zu seinen Kunden rumgesprochen, denen er die begehrten Kunstwerke zu überteuerten Preisen verkauft. Zum Glück hat er seinen treuen Diener Jock (Paul Bettany), der ihn aus jeder noch so brenzligen Situation rettet. Neben den Geldproblemen befindet sich auch Mortdecais Ehe in einer Krise – seine Frau Johanna (Gwyneth Paltrow) kann sich einfach nicht mit seinem frisch gezüchteten Schnurrbart anfreunden. Dann taucht auch noch MI5-Inspector Martland (Ewan McGregor), ein alter Rivale um Johannas Gunst, bei Mortdecai auf und heuert ihn an, ein gestohlenes Gemälde wiederzubeschaffen (mit dem netten Druckmittel der 8 Mio. Steuerschulden, die der britische Staat ansonsten ganz schnell eintreiben kommt). Was tut man nicht alles für Königin und Vaterland (und einen netten Anteil der Versicherungssumme)?

Johnny Depp hat leider einiges an Wohlwollen in den letzten Jahren verspielt; nicht ganz zu Unrecht (s. kreative Ausfälle wie „The Tourist“, „Dark Shadows“ oder „Transcendence“), aber dennoch wird er deutlich harscher angegangen als verdient („Lone Ranger“ oder der vierte „Fluch der Karibik“ waren längst nicht so schlecht wie von den Kritikern dargestellt).
Dass „Mortdecai“ von der Presse zerrissen werden würde, war daher schon von vornherein klar und spätestens ab Sichtung des Trailers absolut sicher – eine Blödelkomödie mit Johnny Depp in bewärter Jack Sparrow-Manier, das kann ja nur eine Katastrophe werden.


Und die ersten 20 Minuten lassen Schlimmes erahnen, denn der Humor trifft so überhaupt nicht ins Schwarze und erinnert in seiner Lahmheit an den belanglosen Einstieg von „Kill the Boss 2“. Im Gegensatz zu letzterem nimmt „Mortdecai“ (Regie: David Koepp) dann aber nach und nach an Fahrt auf und entwickelt sich zu durchaus guter Unterhaltung. Der Humor ist dabei sicher nicht jedermanns Sache, schwankt zwischen purem Klamauk, gewitzten Dialogen und gut sitzenden Onelinern. Allgemein merkt man dem Film an, dass er sich nicht ernst nehmen, sondern einfach eine bekloppte Gaunergeschichte erzählen will, und dies tut er auch ganz ordentlich.

Depp hat vielleicht den undankbarsten Part bekommen, da Mortdecai ein feiger, ziemlich trotteliger Gauner ist – nicht dumm, aber von einem Fettnäpfchen ins nächste stolpernd. Das alles spielt Depp auf so übertrieben affektierte Weise und mit seinen typischen mimischen Entgleisungen, die man bereits von seinen anderen komödiantischen Rollen kennt, dass es auch schnell mal zu viel sein kann. Es ist zumindest ein Grund, warum die Gags am Anfang so gar nicht sitzen. Im Verlauf des Films wird es aber deutlich besser und irgendwie mag man diesen eitlen Fatzke Mortdecai am Ende sogar ein kleines bisschen.
Die Show stehlen aber dann doch die Nebenrollen, v.a. weil sie viele der besten Sprüche oder Szenen abbekommen haben. Paul Bettany als Diener Jock bringt genau das richtige Maß an trockenem Humor für Mortdecais Diener/Leibwächter/Mann fürs Grobe mit, um die Rollen zum Scene Stealer zu machen. Gwyneth Paltrow hat Klasse als clevere Johanna Mortdecai und es steht völlig außer Frage, wer in dieser Ehe die Hosen anhat. Ihr zu Füßen liegt nicht nur ihr Ehemann, sondern auch MI5-Ermittler Martland, dessen ewiges „Friendzoning“ Ewan McGregor durchaus sympathisch herüberbringt.
Auch die weiteren Rollen sind überzeugend besetzt, u. a. mit Jeff Goldblum als amerikanischem Milliardär, Olivia Munn als dessen nymphomane Tochter, oder Jonny Pasvolsky als Auftragskiller.


Auf technischer Seite überzeugt der Film größtenteils. Die Musik von Mark Ronson und Geoff Zanelli ist recht gelungen und fügt sich gut ein, nur die offensichtlichen computeranimierten Überleitungen, wenn Mortdecai mal wieder seinen Aufenthaltsort wechselt (u. a. werden London, Oxford, Los Angels und Moskau abgeklappert), wirken störend, da die Übergänge von real zu CGI nicht gut gelöst sind.


Fazit: „Mortdecai“ ist zwar nicht die Hit-Komödie des Jahres, aber die ganze Kritikerschelte hat er nicht verdient. Wer mit dem Humor aus dem Trailer etwas anfangen kann und die ersten 20 Minuten übersteht, bekommt eine durchaus kurzweilige, unterhaltsame Komödie mit Top-Besetzung geboten.  


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