Lord Charlie Mortdecai (Johnny Depp)
ist Gentleman, schwindelnder Kunsthändler, und dummerweise komplett
pleite. Das hat sich mittlerweile auch zu seinen Kunden
rumgesprochen, denen er die begehrten Kunstwerke zu überteuerten
Preisen verkauft. Zum Glück hat er seinen treuen Diener Jock (Paul
Bettany), der ihn aus jeder noch so brenzligen Situation rettet.
Neben den Geldproblemen befindet sich auch Mortdecais Ehe in einer
Krise – seine Frau Johanna (Gwyneth Paltrow) kann sich einfach
nicht mit seinem frisch gezüchteten Schnurrbart anfreunden. Dann
taucht auch noch MI5-Inspector Martland (Ewan McGregor), ein alter
Rivale um Johannas Gunst, bei Mortdecai auf und heuert ihn an, ein
gestohlenes Gemälde wiederzubeschaffen (mit dem netten Druckmittel
der 8 Mio. Steuerschulden, die der britische Staat ansonsten ganz
schnell eintreiben kommt). Was tut man nicht alles für Königin und
Vaterland (und einen netten Anteil der Versicherungssumme)?
Johnny Depp hat leider einiges an
Wohlwollen in den letzten Jahren verspielt; nicht ganz zu Unrecht (s.
kreative Ausfälle wie „The Tourist“, „Dark Shadows“ oder
„Transcendence“), aber dennoch wird er deutlich harscher
angegangen als verdient („Lone Ranger“ oder der vierte „Fluch
der Karibik“ waren längst nicht so schlecht wie von den Kritikern
dargestellt).
Dass „Mortdecai“ von der Presse
zerrissen werden würde, war daher schon von vornherein klar und
spätestens ab Sichtung des Trailers absolut sicher – eine
Blödelkomödie mit Johnny Depp in bewärter Jack Sparrow-Manier, das
kann ja nur eine Katastrophe werden.
Und die ersten 20 Minuten lassen
Schlimmes erahnen, denn der Humor trifft so überhaupt nicht ins
Schwarze und erinnert in seiner Lahmheit an den belanglosen Einstieg
von „Kill the Boss 2“. Im Gegensatz zu letzterem nimmt
„Mortdecai“ (Regie: David Koepp) dann aber nach und nach an Fahrt
auf und entwickelt sich zu durchaus guter Unterhaltung. Der Humor ist
dabei sicher nicht jedermanns Sache, schwankt zwischen purem Klamauk,
gewitzten Dialogen und gut sitzenden Onelinern. Allgemein merkt man
dem Film an, dass er sich nicht ernst nehmen, sondern einfach eine
bekloppte Gaunergeschichte erzählen will, und dies tut er auch ganz
ordentlich.
Depp hat vielleicht den undankbarsten
Part bekommen, da Mortdecai ein feiger, ziemlich trotteliger Gauner
ist – nicht dumm, aber von einem Fettnäpfchen ins nächste
stolpernd. Das alles spielt Depp auf so übertrieben affektierte
Weise und mit seinen typischen mimischen Entgleisungen, die man
bereits von seinen anderen komödiantischen Rollen kennt, dass es
auch schnell mal zu viel sein kann. Es ist zumindest ein
Grund, warum die Gags am Anfang so gar nicht sitzen. Im Verlauf des
Films wird es aber deutlich besser und irgendwie mag man diesen
eitlen Fatzke Mortdecai am Ende sogar ein kleines bisschen.
Die Show stehlen aber dann doch die
Nebenrollen, v.a. weil sie viele der besten Sprüche oder Szenen
abbekommen haben. Paul Bettany als Diener Jock bringt genau das
richtige Maß an trockenem Humor für Mortdecais
Diener/Leibwächter/Mann fürs Grobe mit, um die Rollen zum Scene
Stealer zu machen. Gwyneth Paltrow hat Klasse als clevere Johanna
Mortdecai und es steht völlig außer Frage, wer in dieser Ehe die
Hosen anhat. Ihr zu Füßen liegt nicht nur ihr Ehemann, sondern auch
MI5-Ermittler Martland, dessen ewiges „Friendzoning“ Ewan
McGregor durchaus sympathisch herüberbringt.
Auch die weiteren Rollen sind
überzeugend besetzt, u. a. mit Jeff Goldblum als amerikanischem
Milliardär, Olivia Munn als dessen nymphomane Tochter, oder Jonny
Pasvolsky als Auftragskiller.
Auf technischer Seite überzeugt der
Film größtenteils. Die Musik von Mark Ronson und Geoff Zanelli ist
recht gelungen und fügt sich gut ein, nur die offensichtlichen
computeranimierten Überleitungen, wenn Mortdecai mal wieder seinen
Aufenthaltsort wechselt (u. a. werden London, Oxford, Los Angels und
Moskau abgeklappert), wirken störend, da die Übergänge von real zu
CGI nicht gut gelöst sind.
Fazit: „Mortdecai“ ist zwar nicht
die Hit-Komödie des Jahres, aber die ganze Kritikerschelte hat er
nicht verdient. Wer mit dem Humor aus dem Trailer etwas anfangen kann
und die ersten 20 Minuten übersteht, bekommt eine durchaus
kurzweilige, unterhaltsame Komödie mit Top-Besetzung geboten.
Ähnliche Artikel:
- Filmkritik "Dark Shadows"
- Filmkritik "Pirates of the Caribbean - Fremde Gezeiten"
- Filmkritik "The Tourist"
- Filmkritik "The Lone Ranger"
- Filmkritik "Rango"
Keine Kommentare:
Kommentar veröffentlichen