Montag, 24. Mai 2010

Wicked - Die Hexen von Oz

Was lange währt, wird endlich gut, so sagt man ja. Seitdem „Wicked“ in Deutschland Premiere hatte (15.11.2007 in Stuttgart), wollte ich dieses Musical sehen, dass zur Zeit das erfolgreichste Musical am Broadway ist. Der lange Anfahrtsweg und die damit verbundenen Kosten haben mich jedoch immer abgehalten. Seit März diesen Jahres ist „Wicked“ nun im Metronom Theater in Oberhausen zu sehen, und die Gelegenheit konnte ich mir dann doch nicht entgehen lassen. Und Mensch, hat sich das gelohnt!

Das Pfingstwochenende bot sich geradezu für einen Besuch an, und so haben zwei Freundinnen und ich uns auf den Weg gemacht. Ganz besonders hatte ich darauf gehofft, Willemijn Verkaik in der Hauptrolle der Elphaba zu sehen, die sie bereits in Stuttgart gespielt hatte, da die Rezensionen gerade was sie angingen immer außerordentlich positiv waren. Und ja, sie hat gespielt! Aber dazu später. ;)

Wir hatten sehr gute Plätze im Parkett (Preisklasse 2, aber da der Saal nicht übermäßig groß ist, ist selbst PK 4 noch gut), sehr nah an der Bühne, sodass wir viele Details der Kostüme oder des Bühnenbilds gut erkennen konnten. Die Vorstellung war fast ausverkauft und alle Altersklassen waren vertreten. Auch interessant war zu sehen, wie manche Leute sich richtig herausgeputzt hatten (Anzug + Krawatte und das bei 25 °C) während andere, nun ja, anscheinend gerade vom Einkaufen kamen... 

„Wicked“ basiert auf Gregory Maguires gleichnamigen Roman, der die Geschichte „Der Zauberer von Oz“ (besonders bekannt durch die Verfilmung mit Judy Garland) aus der Sicht der „bösen Hexe des Westens“ Elphaba erzählt. Denn so böse war sie eigentlich gar nicht – und mit der „Guten Hexe“ Glinda verstand sie sich eigentlich recht gut...
Am wichtigsten bei einem Musical ist natürlich die Musik, und Stephen Schwartz hat wunderbare Melodien geschrieben. Schwartz ist ein alter Hase, seine Musicals „Godspell“ und „Pippin“ sind große Erfolge, er schrieb u.a. die Liedtexte für die Disney-Filme „Der Glöckner von Notre Dame“ und „Pocahontas“, sowie die Musik für „Der Prinz von Ägypten“ und wurde mit mehreren Grammys und Oscars ausgezeichnet.
Für „Wicked“ schrieb er große dramatische Stücke wie die Hitsingle „Frei und schwerelos“ („Defying gravity“) oder „Gutes tun“ („No good deed“), lustig-lockere Charakterstücke wie „Was fühl ich in mir?“ („What is this feeling“) oder Glindas „Heißgeliebt“ („Popular“) sowie schöne große Ensemble-Nummern wie das Eröffnungsstück „Keiner weint um Hexen“ („No one mourns the wicked“) oder „Nur ein Tag“ („One short day“) für Elphabas und Glindas Besuch in der Smaragdstadt. Zwei, drei Nummern zünden nicht ganz so sehr (v.a. die beiden Lieder des Zauberers sind ziemlich belanglos), aber das fällt aufgrund der hohen Dichte guten Materials nicht ins Gewicht.
Sowohl die Castaufnahme vom Broadway als auch die Stuttgarter Aufnahme beinhalten alle Lieder und warten beide mit sehr guten Besetzungen auf. Während mir auf der Braodway-Aufnahme v. a. Kristin Chenoweth als Glinda besonders gut gefällt, ist das Highlight der Stuttgarter Aufnahme ohne Zweifel Willemijn Verkaik als Elphaba.

Und somit wären wir bei der Besetzung. Verkaik als Elphaba ist tatsächlich so grandios wie man überall hört. Sie hat eine unglaubliche Bühnenpräsenz, singt selbst die schwierigsten Titel mit Leichtigkeit und hat dazu auch noch ein gutes Gefühl für Timing, was in den eher lustigen Szenen für große Lacher sorgte. Man kauft ihr die Rolle absolut ab, und es ist kein Wunder, dass sie als eine der derzeit besten Darstellerinnen gehandelt wird.
Andere Rollen können da Gefahr laufen, zu verblassen, v.a. da Elphaba die Rolle mit den einprägsamsten und beeindruckendsten Liedern ist (z. B. „Frei und schwerelos“ oder „Gutes tun“). Joana Fee Würz als Glinda schlug sich da aber sehr gut und wird von uns sicherlich nicht vergessen! Als unglaublich verzogenes Töchterchen aus hohem Hause ist sie zu Beginn richtig schön zuckrig-tussig-nervig und sorgt für viele Lacher. Die Wandlung Glindas im Laufe des Stückes zu einer eigenständigen Person mit Gewissen nimmt man Würz absolut ab, und sie macht ihr Solostück „Heißgeliebt“ zu einem komödiantischen Meisterstück. Im pinken Tutu. 

Auch die anderen Darsteller überzeugen. In der männlichen Hauptrolle Fiyero (dem Love Interest für Glinda und Elphaba) hatten wir die Zweitbesetzung, Bero Antunovic, der in der Rolle aber sehr überzeugend war. Er ist eben der dümmliche Schönling, dem irgendwann sein Fehlverhalten bewusst wird. Gut gespielt und gut gesungen.
Auch Barbara Raunegger als Madame Akaber, Carlo Lauber als Zauberer, Janine Tippl als Elphabas Schwester Nessarose, Thomas Wissmann als Dr. Dillamond und Ben Darmanin als Moq waren überzeugend in ihren Rollen. Ein Lob auch an das Ensemble, dass in den Tanz- und Chorszenen ebenfalls sehr gute Arbeit leistete.

Bei „Wicked“ gibt’s für das Geld auch einiges fürs Auge. Die Kostüme sind ein Traum, besonders Glindas immer glitzriger werdenden Prinzessinnenkleider oder die phantasievollen Roben für die Einwohner der Smaragdstadt sind einfach wunderschön.
Das Bühnenbild ist liebevoll gestaltet und bietet viele schöne Details, ohne überladen zu sein. Die Szenenwechsel gingen absolut reibungslos über die Bühne, da arbeitet die Bühnentechnik wirklich sehr gut!
Das Lichtdesign war stimmungsvoll und mit Kunstnebel wurde nicht gegeizt.

Die überaus gelungene Vorstellung haben wir natürlich alle mit Standing Ovations honoriert. :) Es wurde gejubelt, was das Zeug hielt und gerade die beiden Hauptdarstellerinnen wurden zu Recht gefeiert.

Auch meine beiden Freundinnen waren hellauf begeistert. Eine hatte außer den 30-Sekunden-Werbespots bisher noch nichts von „Wicked“ gesehen und wusste nicht, was sie erwartet.

Ich kann „Wicked“ uneingeschränkt weiterempfehlen! Ein sehr gutes Ensemble in Oberhausen, dann die wunderbare Musik und Ausstattung – für sein Geld bekommt man richtig was geboten. Definitiv eine - oder zwei oder drei – Reisen wert.


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