Sonntag, 20. Mai 2012

Was für eine Heldentruppe: "The Avengers"


Seien wir ehrlich: Nur wenige haben im Vorfeld gedacht, dass Marvels "The Avengers" gelingen könnte. Zwar waren die vorangegangenen Filme über die Superhelden aus dem Marvel-Universum ausreichend bis sehr erfolgreich (Iron Man 1 + 2, Thor, Captain America, The Incredible Hulk), aber all diese Charaktere (plus noch ein paar mehr!) in einem Film unterzubringen und ihnen gleichzeitig gerecht zu werden, das schien doch sehr gewagt.

Glücklicherweise sind all diese Ängste unbegründet. Ein gutes Drehbuch von Joss Whedon und Zak Penn, das die Charaktere und große Actionsequenzen gekonnt jongliert, dazu mit Joss Whedon ("Buffy", "Firefly") ein versierter Ensemblecast-Regisseur, und Schauspieler, die offensichtlich Spaß an dem Ganzen haben - so macht man einen richtig unterhaltsamen Superheldenfilm, der sowohl für eingeschworene Fans als auch den Durchschnittskinobesucher bestens geeignet ist.

Welcher Bösewicht will dieses Mal die Macht an sich reißen? Ein alter Bekannter aus "Thor" - Loki (Tom Hiddleston) ist zurück, unterstützt von ziemlich fiesen Aliens, und stiehlt den Tesserakt (einen blau leuchtenden Würfel, der eine unbegrenzte Energiequelle ist und dadurch auch Tore in andere Welten öffnen kann) direkt aus einem der SHIELD-Hauptquartiere. Mit diesem wäre es ihm ein Leichtes, die Aliens auf die Erde zu lassen und diese einzunehmen. Chef Nick Fury (Samuel L. Jackson) findet das gar nicht lustig und sieht nur einen Ausweg: Die "Avengers-Initiative" wiederzubeleben - ein Team von Superhelden, die Loki stoppen könnten. Nur… ein Großteil der anvisierten Teammitglieder wie Iron Man, Thor oder Hulk, ist nicht gerade für Teamfähigkeit bekannt.


Man kann Joss Whedon nur gratulieren. Er hat es geschafft, "The Avengers" zu großartigem Popcornkino zu machen, ohne dabei die Charaktere abzuflachen. Klar, hier knallt es ganz schön, es wimmelt nur so vor Effekten und die letzte Stunde ist praktisch Action nonstop. Aber dadurch, dass Whedon das Zusammenstellen des Teams gekonnt handhabt und immer wieder kleine Momente einbaut, in denen der Zuschauer eine Verbindung zu den Charakteren bekommt, verliert man als Zuschauer nicht das Interesse am Geschehen, sondern bleibt konstant involviert. Alle Teammitglieder der Avengers haben an irgendwelchen persönlichen Problemchen zu knabbern, und obwohl Whedon diese Probleme zumeist nur anschneidet, reicht das völlig aus, um die Charaktere "echt" zu machen. Hinzu kommt der stets mit perfektem Timing eingesetzte Humor und die ganzen coolen Sprüche, die stets in den Moment passen. Ganz tolle Leistung.

Apropos tolle Leistung: Alle, und ich meine wirklich alle, Darsteller liefern vollkommen ab. Es ist einfach die pure Freude dieser Besetzung dabei zuzusehen, wie sie die Charaktere formt, diese sich irgendwelche Sprüche an den Kopf werfen oder einfach nur saucool sind.
Dass Robert Downey Jr. als Iron Man nach wie vor "Genie, Multimillionär, Playboy und Philanthrop" ist und fröhlich Szenen stiehlt, konnte man sich im Vorfeld denken. Er ist einfach die perfekte Besetzung für Tony Stark. Dass Chris Evans als Captain Amerika seine sehr gute Leistung aufrechterhalten kann und immer subtil einfließen lässt, dass sein Charakter tatsächlich ein Soldat aus einer vergangenen Ära ist, dürfte auch niemanden überraschen. Genauso wenig überrascht, dass Chris Hemsworth als Thor immer noch der Heißsporn der Truppe ist (und seinem "Bruder" Loki gegenüber immer noch herrlich naiv), Scarlett Johannsen als Natasha Romanoff aka Black Widow nicht nur heiß sondern auch tödlich und gerissen ist, und Jeremy Renner als Super-Bogenschütze Clint "Hawkeye" Barton eine gewisse Ernsthaftigkeit mitbringt.

Was aber wohl sicherlich so ziemlich jeden überrascht haben mag, ist dass der Hulk absolut großartig in diesem Film funktioniert! Mark Ruffalo spielt Bruce Banner als einen Mann, der sich jederzeit bewusste ist, wie gefährlich er ist, und als grünes Monster ist er sehr effektiv.
Tom Hiddleston als Loki muss ich natürlich auch loben, denn er bringt eine große Spielfreude für seinen Super-Bösewicht mit, und dies merkt man ihm in jeder Szene an. Lustig darf er dazu auch noch sein!


Auch die Nebencharaktere machen Spaß: Samuel L. Jackson ist wie immer saucool als Nick Fury, Fanliebling Clark Gregg als Agent Coulson kriegt auch richtig was zu tun und Cobie Smulders als Agent Hill lässt in ihrer eher kleinen Rolle zumindest durchblicken, dass mit dieser Agentin nicht zu scherzen ist.

Auf der technischen Seite lässt "The Avengers" ebenfalls nichts zu wünschen übrig. Die Musik von Alan Silvestri ist je nach Szene passend heroisch, dramatisch oder cool und die Spezialeffekte sind großartig umgesetzt und werden den Anforderungen an ordentliches Krach-Päng-Bumm-Actionkino mehr als gerecht.
Ich habe die 3D-Version leider nicht sehen können, aber wie man hört lohnen sich die zusätzlichen Kosten auf jeden Fall.

Kleiner Tipp: Verlasst bei den ersten Tönen der Abspannmusik nicht sofort fluchtartig den Saal, es kommt noch ein kleiner Teaser für eine Fortsetzung. Oh, und in manchen Kinos kommt ganz am Ende des Abspanns noch eine sehr nette Szene mit unseren Superhelden nach Feierabend. Oder so ähnlich.

Fazit: Joss Whedon ist es gelungen, in "The Avengers" allen Superhelden gerecht zu werden und wunderbares Popcornkino abzuliefern. Technisch top, mit unterhaltsamen und runden Charakteren sowie einer ordentlichen Portion Action und Humor ausgestattet, ist "The Avengers" das, was man von perfektem Sommerentertainment erwartet: Unterhaltung pur mit einer kleinen Prise Tiefgang. Unbedingt reingehen! 


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Samstag, 12. Mai 2012

"Dark Shadows": Vampir-Soap-Opera ohne Biss

"Dark Shadows" ist Tim Burtons und Johnny Depps achte Zusammenarbeit und basiert auf einer gleichnamigen amerikanischen Soap Opera der 60er, in der der durch einen Fluch zum Vampir gewordene Barnabas Collins nach knapp 200 Jahren in den 1970er Jahren versucht, seinem Familienunternehmen zu altem Glanz zu verhelfen. Wie es sich für eine Soap Opera gehört, folgen die üblichen Intrigen.

Dies ist nur einer der diversen Handlungsstränge, die Tim Burtons Kinoversion erzählen möchte. Im Vorspann erfahren wir, dass Barnabas' Eltern sich im Amerika des 18. Jahrhunderts durch Unternehmergeist ihren Reichtum erarbeitet haben. Als Erwachsener verscherzt Barnabas (Johnny Depp) es sich mit der Magd Angelique (Eva Green), da er eine andere Frau liebt. Dummerweise ist Angelique eine Hexe und belegt die Familie Collins mit einem Fluch, durch den Barnabas alle Menschen verliert, die ihm wichtig sind - um dann fortan die Ewigkeit als Vampir eingesperrt in einem Sarg zu verbringen. 1972 wird er jedoch zufällig befreit und macht es sich zur Aufgabe, das heruntergekommene Familienunternehmen wieder aufzubauen. Doch Angelique setzt alles daran, ihm weiterhin das Leben schwer zu machen.

Ich weiß ehrlich gesagt gar nicht so richtig, was ich zu "Dark Shadows" sagen soll. Es ist ein Burton/Depp-Projekt und eigentlich müsste ich als Fan schon aus Prinzip in Begeisterungsstürme ausbrechen, aber der Film hat mich überraschend wenig berührt. Wie immer bei Burton sieht er wunderbar aus - der Vorspann ist atmosphärisch düster, die 70er sind sehr schön wiederbelebt, die Kostüme von Colleen Atwood wunderbar, der Showdown für diese Art Film passend überdreht und recht effektvoll. Von der technischen Seite her habe ich nichts zu meckern - auch die Musik von Burtons Hauskomponist Danny Elfmann passt gut, und die 70er-Jahre-Songs sind passend gewählt.


Problematisch wird es beim Rest. Es ist schade, dass der Film in den Trailern als lockere Horrorkomödie verkauft wird. Es gibt einige wirklich gute Lacher, ausgehend von Barnabas' Verwirrung aufgrund der neuen Zeit, Wortwitzen (da Barnabas sich natürlich noch immer ausdrückt wie im 18. Jhd.) und Ähnlichem. Aber gleichzeitig möchte der Film eben auch Familiendrama und Romanze sein und intrigantes Verwirrspiel sein, was leider nicht richtig funktioniert. Weil so viel erzählt werden muss, bleibt keine Zeit, die Figuren richtig zu entwickeln. Wir haben Barnabas vs. die wilden 70er, den Wiederaufbau des Familienunternehmens inkl. Konkurrenz zu Angeliques eigener Firma, einen missverstandenen Teenie, Barnabas vs. Angelique, Barnabas und seine Liebe zu Nanny Victoria und ihre traurige Hintergrundgeschichte, herumirrende Geister, und noch einiges mehr.
Hätte man sich auf einige wenige, für die Kernhandlung wichtige Aspekte beschränkt, wie z. B. die Liebe zwischen Barnabas und Victoria (die leider so überhaupt nicht entwickelt ist, da kann Victoria aussehen wie Barnabas’ verlorene Liebe so viel sie will) oder die Hassliebe zwischen Barnabas und Angelique, wären mir die Charaktere sicherlich mehr ans Herz gewachsen. So aber fiel es mir schwer, mich wirklich für das Schicksal der Charaktere zu interessieren. Schade daran ist auch, dass – obwohl sich der Film in der Mitte hin und wieder zieht – das Ende plötzlich sehr überstürzt wirkt, so als wäre der Film schon zu lang geworden und man wollte das Ganze schnell abschließen.

 Die Schauspieler halfen mir leider auch kaum dabei. Keiner ist schlecht, aber... nun ja, bei dieser Besetzung habe ich einfach mehr erwartet als „gut wie immer“ oder „ordentlich“. Johnny Depp ist als Barnabas unterhaltsam und in manchen Szenen auch passend melancholisch bzw. ob seiner Existenz verzweifelt. Aber gerade dieser Aspekt, das Leiden des zum ewigen Leben verdammten Vampirs, wurde für mich nicht genug herausgearbeitet, gerade da Depp dafür bekannt ist, solche Szenen sehr gut zu spielen (man denke an „Sweeney Todd“). „Dark Shadows“ gehört sicherlich nicht zu Depps besten Leistungen, aber er gibt sich offensichtlich mehr Mühe als in „The Tourist“.
Aus dem Rest der Familie Collins sticht eigentlich niemand wirklich heraus. Michelle Pfeiffer als Oberhaupt Elizabeth ist passend stolz, mehr aber auch nicht. Chloe Grace Moretz hat leider zu wenig Szenen als angenervtes Teeniemädel Carolyn, war aber für einige Lacher gut. Jonny Lee Miller als Elizabeth’ Bruder David hatte nicht allzu viel zu tun in der unterentwickelten Rolle des verantwortungslosen Vaters, und Gulliver McGrath als sein Sohn David war zumindest ein sympathisches Kind. Helena Bonham-Carter musste sich in der Rolle der stets betrunkenen Psychiaterin Dr. Hoffman auch nicht besonders anstrengend, und von Hausmeister Willie (Jackie Earle Hailey) hätte ich definitiv gerne mehr gesehen.
Bella Heathcote als Victoria ist noch die „normalste“ Figur im Haus der Familie Collins, bekommt aber leider nicht genug Zeit, um ihren wichtigen Charakter wirklich ausbauen zu können. Wirklich toll fand ich Eva Green als Angelique; sie spielte die verratene Geliebte richtig schön überzeugend fies und ließ hin und wieder auch die Verletztheit ihrer Figur durchblicken. Außerdem durfte sie einige der schönsten Kleider vorführen.

Ich bin in diesen Film nicht mit den falschen Erwartungen gegangen, die mancher Kinobesucher sicherlich aufgrund der Trailer haben dürfte. Aber ich habe bei dem Gespann Burton/Depp einfach deutlich mehr erwartet, da ihre Arbeit in der Vergangenheit ja häufig sehr schön charakterlastig war. Hier wollte man jedoch offensichtlich einfach zu viel auf einmal und ein oder zwei Drehbuchüberarbeitungen (und rigorose Streichungen von halbgaren Handlungsfäden) wären sicherlich ratsam gewesen.

Fazit: Leider nicht der erhoffte große Wurf vom Dreamteam Burton und Depp. „Dark Shadows“ krankt an einem Drehbuch, das zu viel will und dadurch keinem der Charaktere gerecht wird. Die Darstellerleistungen sind ordentlich, technische Aspekte wie erwartet sehr gut und der Humor sitzt zumeist. Keine Katastrophe, aber leider nur Mittelmaß.