Dienstag, 31. Dezember 2013

„Der Hobbit - Smaugs Einöde“, Oder: „Wie, schon zu Ende?“



Und weiter geht die Reise von Hobbit Bilbo Beutlin (Martin Freeman), Zauberer Gandalf (Sir Ian McKellan) und der von Thorin Eichenschild (Richard Armitage) angeführten Zwergentruppe in Richtung einsamer Berg. Immer noch werden sie von Orks verfolgt und finden auf ihrem Weg kurzfristig Unterschlupf bei Gestaltwandler Beorn (Mikael Persbrandt), der ihnen hilft den Düsterwald zu erreichen. Da Gandalf sich mit dem in Dol Guldur erschienen Nekromanten herumschlagen muss , müssen Bilbo und die Zwerge jedoch den Wald ohne Hilfe durchqueren. Leichter gesagt als getan: Riesige Spinnen bevölkern den Wald, und die Waldelben, allen voran ihr König Thranduil (Lee Pace), sind den Zwergen auch überhaupt nicht wohlgesonnen. Auf ihrer wilden Flucht in Fässern auf einem tosenden Fluss werden sie auch noch von den Orks angegriffen, und nur mit der Hilfe der Elben, angeführt von Thranduils Sohn Legolas (Orlando Bloom) und Wächterin Tauriel (Evangeline Lilly), schaffen Bilbo und die Zwerge es zu entkommen.
Sie treffen auf den Fuhrmann Bard (Luke Evans), der die Gruppe in die Seestadt schmuggelt. Der dort regierende Bürgermeister (Stephen Fry) kann Bard zwar nicht leiden, findet Thorin und dessen Versprechen, der Stadt mit dem im Erebor lagernden Schatz wieder zu altem Glanz zu verhelfen, dafür aber umso besser. Endlich am Berg angekommen, soll Bilbo seinem Titel „Meisterdieb“ alle Ehren machen und den Arkenstein, das Symbol des Zwergenkönigs, aus der Schatzkammer holen, ohne den Drachen zu wecken. Doch Smaug schläft längst nicht mehr so fest wie einst und ein Drache gibt seinen Schatz niemals freiwillig her.

Teil 1 der Reihe, „Der Hobbit – Eine unerwartete Reise“ hat mit über 1 Milliarde Einspielergebnis wenig überraschend, aber dennoch beeindruckend vorgelegt. „Der Hobbit – Smaugs Einöde“ muss sich nun dem Problem stellen, den mittleren Teil einer Geschichte zu erzählen und somit ein wenig in der Luft zu hängen. Peter Jackson gelingt es jedoch erstaunlich gut, die Handlung voranzutreiben. Mit einer kurzen Rückblende auf das erste Treffen zwischen Gandalf und Thorin findet er einen guten Einstieg in die Geschichte, und das Ende ist zwar ein Cliffhanger, an sich aber ganz gut gewählt, da so für den letzten Teil ein spannender Einstieg garantiert ist.


Wo Teil 1 sich häufig doch zog, wird im 2. Teil die Spannung aufrecht erhalten, was sicherlich auch den vielen neuen Charakteren geschuldet ist. Auch einigen der Zwerge wird mehr Profil verliehen, so wird Thorins Charakter deutlich ausgebaut, und Kili (Aidan Turner) bekommt sogar seinen eigenen Subplot. Dass es sich dabei um ein angedeutetes Liebesdreieck handelt, in das Tauriel und Legolas ebenfalls verwickelt sind, erscheint allerdings überflüssig. Jedoch deuten neuere Aussagen von Evangeline Lilly darauf hin, dass es sich um eine Entscheidung des Studios handelt, denn bis zu den Nachdrehs gab es dieses Liebsdreieck nicht. Sehr schade. Da wird schon eine weibliche Rolle extra für den Film geschrieben, die sich im Kampf zu behaupten weiß und als Charakter so wunderbar funktioniert hätte, und da muss man dann gleich wieder eine Liebesgeschichte reinbringen, denn sonst können sich Frauen ja nicht für den Film begeistern. Bullshit. So werden der Laufzeit nur unnötige Minuten hinzugefügt, wenn Tauriels Charakter auch vorher interessant genug gewesen wäre.

Schön ist es aber, Orlando Bloom als Super-Elben Legolas wiederzusehen. Lee Pace als dessen Vater Thranduil ist wunderbar arrogant und unsympathisch. Die Szenen mit Persbrandts Beorn sind im Vergleich zum Buch irgendwie sehr kurz geraten, dafür gefällt Luke Evans als Bard mit innerer Größe. Die alten Bekannten aus dem ersten Teil sind gut wie eh und je, mir persönlich gab es aber zu wenige Szenen mit Bilbo. Martin Freeman holt jedoch alles aus diesen Szenen heraus, v. a. seine Konfrontation mit Smaug (Benedict Cumberbatch) ist spannend und zeigt gleichzeitig Freemans hervorragendes komödiantisches Timing. Smaug selbst ist hervorragend geworden, sowohl als Charakter als auch von der Animation.


Überhaupt scheinen einige der Probleme bei den Spezialeffekten aus Teil 1 gelöst worden zu sein. Es gibt keine seltsam verdrehten Kamerafahrten mehr, die zusammen mit dem 3D HFR eigentlich nur für verschwommenes Bild und sonst nichts sorgten. Auch wirken die Orks nicht mehr so offensichtlich computeranimiert, auch wenn sie leider immer noch nicht so „echt“ wie in den „Der Herr der Ringe“-Filmen aussehen (was aber wohl daran liegt, dass damals eben gerade nicht so viel animiert, sondern Darsteller entsprechend ausstaffiert wurden). Die großen Actionsequenzen mit den Spinnen, der „Wildwasserbahn mit Fässern“ und die Flucht vor Smaug sind alle sehr gelungen und unterhaltsam (wenn auch bei der Fassszene etwas übertrieben). Die Seestadt sieht wunderbar aus.

Generell merkt man „Smaugs Einöde“ seine Spielzeit viel seltener an als dem ersten Teil. Wenn man den unnötigen Liebes-Subplot herausgelassen hätte und auch Gandalfs Szenen in Dol Guldur etwas gekürzt hätte, wäre der Film sogar noch kurzweiliger geworden. Denn es ist zwar wichtig für den Zuschauer, eine Erklärung für Gandalfs Verschwinden zu haben, aber dadurch wird der Fokus zu sehr von der Reise der Zwerge abgerückt, was schade ist. Dennoch ist der Film, auch gerade für einen undankbaren Mittelteil, sehr gelungen.

Fazit: Viel kurzweiliger als der Vorgänger und dazu mit verbesserten Effekten, schafft es "Der Hobbit - Smaugs Einöde", den Zuschauer zu überzeugen. Die Actionszenen machen Spaß, Smaug ist hervorragend umgesetzt, und die meisten der Charaktere gewinnen an Tiefe. Da fällt das Warten auf den letzten Teil gleich doppelt schwer.


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Dienstag, 24. Dezember 2013

Frohe Weihnachten!




All unseren Leserinnen und Lesern wünschen wir ein wunderbares, besinnliches Weihnachtsfest. Feiert schön im Kreis Eurer Lieben und lasst Euch reich beschenken!

Für das neue Jahr 2014 wünschen wir Euch allen ganz viel Glück, Gesundheit und Erfolg. Rutscht gut rein und macht 2014 zu Eurem Jahr!

Luanalara & Öllig

Sonntag, 15. Dezember 2013

Disneys "Die Eiskönigin": Trotz Fehlern unterhaltsam


Die beiden Prinzessinnen Elsa und Anna wachsen fröhlich im Königreich Arendell auf. Elsa hat magische Kräfte und kann Schnee und Eis herbeizaubern, womit sie ihrer kleinen Schwester gerne eine Freude macht. Dabei kommt es jedoch zu einem Unfall, und Elsa lebt fortan zurückgezogen in ihrem Zimmer, um niemanden in Gefahr zu bringen, bis sie ihre Kräfte kontrollieren kann. Viele Jahre später soll Elsa als neue Königin gekrönt werden, doch bei einer Auseinandersetzung mit Anna kochen ihre Gefühle hoch und sie versetzt ganz Grundel in ewigen Winter. Panisch flüchtet sie in die Berge. Anna macht sich zusammen mit dem Eisverkäufer Kristoff, seinem Rentier Sven und dem sprechenden Schneemann Olaf auf den Weg, ihre Schwester zurückzuholen.

 Im Vorhinein war nicht viel Gutes über Disneys neuesten Animationsfilm "Die Eiskönigin" (ich ignoriere den dämlichen deutschen Untertitel hier genauso wie bei "Rapunzel") zu hören. Der erste Teasertrailer mit Sven und Olaf war alles andere als überzeugend und viele Fans waren missmutig, weil Hans-Christian Andersens Märchen so stark geändert wurde. Vor allem die Einführung der männlichen Identifikationsfigur stieß vielen sauer auf, hatte man doch auf einen "echten" Schwesternfilm gehofft (endlich mal wieder nach dem leider häufig vergessenen "Lilo & Stitch"). Was das angeht, können die Kritiker jedoch beruhigt sein: "Die Eiskönigin" dreht sich nach wie vor hauptsächlich um die Schwestern Elsa und Anna.

Zuerst das Negative: Der Film hat seine Fehler und ist auch nicht so aus einem Guss wie es "Rapunzel" war. Die ersten 20 Minuten fühlen sich gehetzt an, wichtige Ereignisse werden zu schnell abgearbeitet (Annas Unfall und die Konsequenzen, Elsas Isolation und Annas Verwirrung darüber, der Tod der Eltern).    Ab der Krönungsszene beruhigt sich das Ganze ein wenig (vielleicht fühlten sich die Macher vorher auch einfach durch Annas Hyperaktivität angetrieben) und der Film findet zu sich.  Zuviel nachdenken sollte man über die Feinheiten der Handlung jedoch nicht, sonst fallen einem doch einige Logikfragen ein (warum z. B. soll das Volk in Annas Abwesenheit auf Prinz Hans hören, der gerade einmal ein paar Stunden da ist? Wer hat denn in den Jahren zwischen dem Tod des Königspaares und Elsas Krönung die Staatsgeschäfte geleitet?).


Schade, dass auch die Lieder und deren Verteilung nicht immer überzeugen. Zur Beginn stapeln sich gefühlt 10 Lieder auf 10 Minuten, wovon man das Lied der kleinen Anna ohne Probleme hätte streichen können, da die Aussage auch ohne Lied problemlos herübergebracht werden kann (und leider kann die Sprecherin auch nicht singen...). Der darauf folgende Song „Zum ersten Mal“ erinnert an die typischen ersten Songs aus Filmen wie „Aladdin“ oder „Die Schöne & das Biest“, in denen die Hauptfigur mit locker-flockiger Melodie vorgestellt wird. Das funktioniert hier auch gut und unterstreicht Annas quirligen Charakter, kontrastiert mit Elsas antrainierter Erhabenheit. Und damit wäre es an Liedern eigentlich erst einmal gut gewesen, aber man quetscht noch ein überdreht-zuckriges Liebesduett hinein, das wohl hauptsächlich die traditionellen Liebesduette karikieren soll. Nette Idee, aber es sind einfach zu viele Lieder hintereinander. Mir als Musicalfan macht das nichts aus, aber die weniger geneigten Zuschauer werden an der Stelle schon mehrmals genervt mit den Augen gerollt haben.
Danach werden die Lieder besser verteilt, aber bis auf die dramatische Reprise von „Zum ersten Mal“ gibt es leider nur noch absolute Durchschnittsware. Da bleibt nichts im Ohr hängen, möglicherweise ist es auch dreiste Satire auf diese Art Song, denn Schneemann Olaf bekommt das „Lustiger Nebencharakter stellt sich vor“-Lied, das komplett vorhersehbar aufgebaut und dabei noch nicht einmal schmissig ist, und die Trolle bekommen eine fröhlich-bekloppte Nummer, die an der Stelle im Film absolut deplatziert wirkt und nichts beiträgt. Und am Ende, wo ich mir zum Ausklang tatsächlich eine rauschende Reprise vom Hit-Song „Lass jetzt los“ gewünscht hätte, kommt nichts mehr.

Dabei wären wir aber immerhin bei einem positiven Aspekt angekommen, den ich gern herausstelle: Die „Lass jetzt los“-Sequenz (kann man sich auf youtube anschauen) ist wunderbar, großartig inszeniert und emotional. Technisch kann man an „Die Eiskönigin“ sowieso nicht meckern, der Film sieht wunderbar aus (wenn auch nicht ganz so schön wie „Rapunzel“), grandioses 3D, alles wie erwartet top.


Die Charaktere sind eigentlich alle gut gelungen. Es ist schön, dass die Beziehung der Schwestern Elsa und Anna durchaus im Mittelpunkt steht, auch wenn die beiden gar nicht so viele Szenen zusammen haben. Gerade Elsa ist ein interessanter Charakter – eine Figur, die an sich überhaupt nicht böse ist, sondern einfach nicht mit ihrer großen Kraft umzugehen weiß und aufgrund ihres Kindheitstraumas so eine Angst vor ihren eigenen Fähigkeiten hat, dass sie diese versucht komplett zu unterdrücken und das Ganze nur zur Katastrophe führen kann. Anna ist im Grunde das genaue Gegenteil, fröhlich, verspielt, ein lebenslustiger Teenie eben. Sie liebt ihre ältere Schwester, weiß aber nicht so genau, wie sie sich in ihrer Gegenwart verhalten soll. Da sie ihr Leben bisher nur im Schloss verbracht hat, ist sie auch etwas weltfremd und denkt beim ersten Zusammentreffen mit einem netten, jungen Prinzen, dass es die große Liebe sein muss. Aber sie ist zum Glück auch forsch genug, ihre Schwester nicht der Einsamkeit zu überlassen, sondern sie sofort retten zu wollen.
Kristoff ist ein sympathischer junger Kerl, allerdings offensichtlich eher ein Einzelgänger (seine Freunde sind das Rentier und die Steintrolle). Er sorgt für ein paar schöne Lacher, genauso wie Rentier Sven )gern auch im Hintergrund). Schneemann Olaf ist zum Glück nicht so furchtbar nervig wie der Teaser-Trailer andeutete, bis auf sein Lied fand ich ihn doch recht witzig.

Die Sprecherleistungen sind alle sehr gut, und bis auf Hape Kerkeling als Olaf gab es anscheinend noch nicht einmal eine Promibesetzung. Willemijn Verkaik als Elsas Singstimme dürfte wohl nur Musicalfans ein Begriff sein, sie ist aber – wie zu erwarten war – großartig. Dramatische „Ihr könnt mich alle mal!“-Lieder kann sie eben besonders gut, das hat sie in „Wicked“ bereits lange Zeit bewiesen.

Ich habe mich in „Die Eiskönigin“ die meiste Zeit gut unterhalten gefühlt. Der Humor sitzt zum Großteil, das kleine Liebesdreieck mit Anna, Hans und Kristoff nimmt nicht so viel Platz ein wie befürchtet, dafür wird gerade Elsas Charakter gut dargestellt. Ich fragte letztens die kleine Schwester meiner Nachhilfeschülerin, ob sie den Film schon gesehen habe, und sie sagte gleich begeistert ja. „Welche Figur fandest du denn am besten?“ fragte ich. Und sie rief begeistert, „Die Eiskönigin!“ Weil sie schön und etwas zickig ist. *g* Kinder werden sicherlich eh ihren Spaß an dem Film haben, das Tempo geht flott voran, sodass keine Langeweile aufkommt.
Und auch wenn manches hier jetzt sehr negativ klingen mag, liegt das eher daran, dass mich die Probleme des Films vergleichsweise stark aufregen, da viele leicht zu lösen gewesen wären. Es ist ein schöner Film in bester Disney-Tradition, aber er hat Luft nach oben.

Fazit: „Die Eiskönigin“ ist zwar nicht ganz so ausgereift wie Disneys letztes Märchen „Rapunzel“, bietet aber neben wunderschönen Bildern eine ans Herz gehende Geschichte zweier Schwestern und unterhaltsame Nebencharaktere. Die nach den ersten Infos erwartete Katastrophe blieb zum Glück aus – Disney liefert einen neuen gelungenen Film für Jung und Alt. 


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Dienstag, 3. Dezember 2013

Kurzkritiken: Starke Protagonisten zum Jahresende


Die Tribute von Panem: Catching Fire

Der zweite Teil der „Panem“-Trilogie knüpft im Grunde nahtlos an die Geschehnisse aus „Hunger Games“ an. Nachdem Katniss (Jennifer Lawrence) und Peeta (Josh Hutcherson) die Hungerspiele gewonnen haben, müssen sie nun auf der großen Siegestour durch Panems Distrikte ihre (gespielte) Liebe vermarkten. Dabei fallen Katniss erste Anzeichen von Rebellion gegen Präsident Snow (Donald Sutherland) totalitäres Regime auf. Dieser sieht, auch angeregt durch seinen neuen Spielmacher Plutarch Heavensbee (Philip Seymor Hoffman), nur einen Ausweg: Katniss, dass Sinnbild der Rebellion, muss ausgeschaltet werden. Die 75. Hungerspiele bieten sich: Nach schneller Regeländerung lässt er die Tribute aus den bisherigen Gewinnern auslosen. Eine im wahrsten Sinne des Wortes todsichere Sache, schließlich brachte District 12 bisher nur drei Sieger hervor: Katniss, Peeta und Haymitch Abernathy (Woody Harrelson). Doch die Rebellion wird bereits von mehr Menschen unterstützt als Snow ahnt.

Regisseur Francis Lawrence ist ein spannender, der Vorlage treu bleibender Film gelungen. Das höhere Budget hat dabei sicher geholfen; „Catching Fire“ sieht auf jeden Fall besser aus als der Vorgänger.
Die Darsteller sind durch die Bank weg überzeugend, auch die Neuzugänge wie z. B. bei den Tributen Sam Claflin als Charmebolzen Finnick oder Jena Malone als Temperamentsbündel Johanna fügen sich gut ein. Josh Hutcherson hat sich als rechtschaffener Peeta gemacht, und es ist erfrischend, mal eine männliche Hauptrolle zu haben, die ständig gerettet werden muss (ohne dadurch weniger männlich zu sein; kann ja nicht jeder der geborene Waldläufer sein).
Jennifer Lawrence ragt jedoch deutlich heraus. Katniss war bereits vor den Hungerspielen emotional verschlossen, aber danach leidet sie unter posttraumatischen Störungen, was Lawrence sehr glaubwürdig spielt. Zwei der intensivsten Momente gelingen ihr während der anfänglichen Siegertour in District 11, wo die Situation nach ihrer Rede eskaliert, und Sekunden vor dem Eintritt in die neue Arena.

Besonders loben muss man aber, wie konsequent „Catching Fire“ sowohl politische Manipulation als auch Reality TV und dessen Mechanismen anprangert. Allein die perverse Siegestour, auf der die beide doch bitte lächelnden Sieger auch vor den Familien der getöteten Tribute sprechen, oder die TV-Show (moderiert vom wie immer großartig spielenden Stanley Tucci) mit allen, teilweise sehr wütenden Tributen sind deutliche Statements gegen den Fake des Reality TV. Von Präsident Snows Versuchen, die Öffentlichkeit gefügig zu halten ganz zu schweigen. Die aktuellen Bezüge und Parallelen sind nicht von der Hand zu weisen.
Auch angenehm, dass das vielbeschworene Liebesdreieck um Katniss, Peeta und Gale (Katniss' Jugendfreund) nur eine kleine Randrolle einnimmt. Die „Panem“-Reihe ist nicht romantisch, die Hauptfigur kämpft mehr oder weniger die ganze Zeit um ihr Leben und das ihrer Freunde und Familie. Eine gewisse Zuneigung spürt sie offensichtlich zu beiden, aber während Gale für sie das Zuhause symbolisiert, ist Peeta derjenige, der mit ihr eine extreme Situation durchgestanden hat, sie somit am besten verstehen kann und ihr Halt gibt.

„Catching Fire“ ist ein runderer Film als sein Vorgänger, und auch wenn die letzten Minuten etwas gehetzt wirken und der Film auf einem gemeinen Cliffhanger endet, ist er allemal einen Besuch wert.




Captain Philips

Der Film generiert bereits ordentlich Oscar-Buzz, und das durchaus zu Recht. Erzählt wird die auf wahren Ereignissen basierende Geschichte des Frachtschiffkapitäns Richard Philips (Tom Hanks), dessen Schiff im berüchtigten Somali-Becken von Piraten geentert wird. Anführer Muse (Barkhad Abdi) und drei weitere Somalier wollen ein Lösegeld für die Crew erpressen, aber der Überfall läuft nicht nach Plan. Kapitän Philips wird von den vier Piraten als Geisel im Rettungsboot entführt, was die Navy endgültig zum Eingriff zwingt.

Paul Greengrass hat sich mit „Flug 93“ einen Namen gemacht, was Verfilmungen von wahren, in extremen Situationen spielenden Stoffen angeht, und dies zeigt sich auch in „Captain Philips“. Die häufig wacklige Kameraführung ist sicher nicht für jeden Zuschauer geeignet, sie unterstützt aber den Doku-Charakter des Films.
Die Schauspieler, allen voran Tom Hanks und Barkhad Abdi (in seiner ersten Filmrolle), sind hervorragend; dass sie große Anwärter zumindest auf eine Oscar-Nominierung sind, kommt nicht von ungefähr. Dank ihnen gehört die letzte halbe Stunde des Films mit zum Spannendsten, was es dieses Jahr im Kino zu sehen gab. Unterstützung gibt es dabei vom sehr guten Schnitt und der angespannten Musik.

Greengrass legt den Fokus zum Glück nicht nur auf Geisel Philips, sondern gibt auch den somalischen Piraten eine Hintergrundgeschichte. Dadurch sind sie nicht einfach böse Stereotypen, sondern besitzen eine glaubwürdige, bedrückende Motivation.

„Captain Philips“ ist großartiges Spannungskino mit preisverdächtigen Hauptdarstellern.




Don Jon

Eine Mainstream-Tragiliebeskomödie über einen pornosüchtigen Macho und eine Hollywoodromantik-süchtige Proll-Blondine, kann sowas funktionieren? Ja kann es, wenn Joseph Gordon-Levitt dabei Autor, Regiseeur und Hauptdarsteller in Personalunion ist und die Blondine von einer sichtlich Spaß habenden Scarlett Johannson gespielt wird.

Gordon-Levitts Hauptfigur Jon ist nicht gerade sympathisch, hat einen komplett durchgeplanten Wochenrhythmus zwischen Kirchgang, Fitnessstudio, Familienessen und Partymachen, und nur wenige Dinge sind ihm wirklich wichtig, u. a. seine Pornos. Die geben ihm einfach mehr als die echten Frauen aus seinen One Night Stands, denn da kann er sich fallen lassen. Bis er in Johannsons Barbara seine Traumfrau findet. Seine Pornos will er zwar nicht aufgeben, aber ansonsten liegt er ihr zu Füßen. Da merkt Jon auch zunächst gar nicht, dass sie ihn nach ihren Vorstellungen zu einem generischen Traummann aus Hollywood-Schmonzetten à la „Titanic“ & Co. Umformen will. Als Charakter ist Barbara dabei mindestens genauso unsympathisch wie Jon, was die oberflächliche Beziehung der beiden im Grunde noch amüsanter macht.

Gerade die erste Hälfte des Films inszeniert Gordon-Levitt nämlich wie einen satirischen Kommentar auf eben jene Hollywoodfilme, die Barbara so liebt, inklusive schnulzigster Musik beim „Wir sind sooo verliebt“-Kuss und ähnlichen Kleinigkeiten.
Gleichzeitig ist „Don Jon“ aber auch Kritik am Sexismus, dem man täglich in Film und Fernsehen ausgesetzt ist. Während Barbara eine komplett falsche Vorstellung von Liebe und Beziehungen aus ihren Schnulzen bekommt (der Mann muss alles für die Angebetete aufgeben, nur dann erweist er sich als würdig), konsumiert Jon Pornos wie andere ihre tägliche Seifenoper und misst sein reales Sexleben an diesen überspitzt unrealistischen Clips. Das Tüpfelchen auf dem I ist dabei ein von Jon und seinem Vater gesehener TV-Spot, der Werbung für einen Burger mit einer sich in typischen Pornoposen räkelnden, minimal bekleideten Blondine macht – so wird dem Zuschauer nebenbei vor Augen geführt, wie gang und gäbe Sexismus im Alltagsleben ist.

Der große Clou des Films ist es, dass mit der Einführung von Julianne Moores Althippie Esther „Don Jon“ anfängt seinen Ton zu ändern und sogar später recht ernst wird. Man muss Gordon-Levitt zugute halten, dass er diese Gratwanderung tatsächlich meistert und der Film weiterhin unterhält. Dazu kommen gelungene Nebenrollen wie Jons Familie (v. a. Tony Danza als sein Vater) oder Jons Freunde, die trotz seines teilweise miesen Verhaltens zu ihm stehen.

"Don Jon" ist eine unterhaltsame Satire auf konventionelle Liebeskomödien, die auch vor ernsteren Untertönen nicht zurückschreckt.

Sonntag, 1. Dezember 2013

Kurzkritiken: Die BBC-Fraktion


Inside WikiLeaks – Die fünfte Gewalt

Der Film basiert auf zwei Büchern (von Daniel Domscheidt-Berg bzw. David Leigh und Luke Harding), die eher Assange-kritisch sind, dennoch zeichnet er kein einseitig negatives Bild des WikiLeaks-Gründers.
Wir folgen dem Deutschen Domscheidt-Berg (Daniel Brühl), der Julian Assange (Benedict Cumberbatch) 2007 auf einem Event des Chaos Computer Clubs in Berlin kennenlernt und gleich von der WikiLeaks-Idee fasziniert ist. Er steigt bei der Website ein und ist ab sofort ganz nah dabei, wenn die teilweise kontroversen Leaks (Julius Baer, Scientology, British National Party...) veröffentlicht werden. Doch Assange ist eine schwierige, wenn auch charismatische Persönlichkeit, und Domscheidt-Berg gerät immer öfter mit ihm aneinander, weil er den Schutz der Quellen nicht ausreichend gesichert sieht. Die Situation eskaliert 2010, als brisante Daten aus Afghanistan WikiLeaks zugespielt werden.

„Inside WikiLeaks“ orientiert sich offensichtlich am erfolgreichen Facebook-Film „The Social Network“, schafft es aber nicht, die Geschehnisse ebenso interessant zu präsentieren. Vieles läuft nun einmal im Inneren von Computern ab, was Regisseur Bill Condon dadurch verbildlicht, dass er einen imaginären, unendlichen Serverraum zeigt. Das mag Zuschauern helfen, die von Computern kaum Ahnung haben, und es schafft das ein oder andere gelungene Bild, mehr aber auch nicht.

Dafür wird zu viel von einem Ort zum nächsten gesprungen, es gibt sehr viele, teilweise nicht einmal mit Namen benannte Charaktere und hätte ich vorher nicht zumindest eines der Bücher gelesen, wäre ich mir womöglich etwas verloren vorgekommen. Viele der Leaks laufen so nebenbei, aufgrund des Films könnte ich z. B. So gut wie nichts über den für die Website sehr wichtigen Julius Baer-Leak erzählen. Immerhin bemüht sich Condon, die Geschehnisse rund um die Kriegs-Dokumente aus Afghanistan und dem Irak besser zu beleuchten, indem auch beispielhaft Schicksale gezeigt werden von Menschen, die direkt davon betroffen sind.

An den schauspielerischen Qualitäten gibt es nichts zu meckern. Daniel Brühl zeigt nach „Rush“ eine weitere überzeugende Leistung, und Benedict Cumberbatch scheint prädestiniert für solch schwierige, sich emotional abschottende Charaktere. Was Assanges Charakter angeht, ist man nach diesem Film so schlau wie vorher, aber Cumberbatch zeigt zumindest seine unterschiedlichen Facetten, vom sturen Kind zum weltmännischen Charmeur. In den weiteren Rollen finden sich viele bekannte Gesichter, so ein toller David Thewlis, oder Carice van Houten, Moritz Bleibtreu, Laura Linney und Stanley Tucci.

„Inside WikiLeaks“ verschenkt viel Potential, kann aber zumindest mit überzeugenden Schauspielleistungen punkten.



The Day of the Doctor

50 Jahre gibt es die britische TV-Serie “Doctor Who” über einen 900 Jahre alten Zeitreisenden nun schon, die es zu absolutem Kultstatus geschafft hat. Die Serie lief von 1963 bis 1989; der Versuch, sie 1996 mit einem Kinofilm wiederzubeleben, scheiterte. Dennoch wurde die Serie nie offiziell beendet und zur Freude der treuen Fans 2005 von Russell T. Davies erfolgreich neu aufgelegt. 2009 gab Davies die Leitung der Serie an Steven Moffat weiter, der kurz darauf mit "Sherlock" der BBC einen weiteren Hit bescherte. Einer Staffel mit Christopher Eccleston als neuntem Doctor (dem Problem des alternden Hauptdarstellers schaffte man Abhilfe, indem die Figur sich "regeneriert"; gleicher Inhalt, neues Design, sozusagen) folgten drei mit dem sehr beliebten David Tennant als Zehn und drei mit Matt Smith als Elf.

Zur Feier des 50. Geburtstags der Show strahlte die BBC am 23.11. ein ca. 70-minütiges Special aus, das im Vorfeld (wie so ziemlich alles, was Steven Moffat auch nur anschaut) kontrovers unter den Fans diskutiert wurde. In diesem bekommt es der elfte Doctor nicht nur mit einer Alienspezies zu tun, die mehrere hundert Jahre darauf gewartet haben, die Erde in Besitz zu nehmen; er trifft auch auf den zehnten Doctor und auf eine noch frühere Inkarnation seiner selbst – den Doctor aus dem Zeitenkrieg (John Hurt). Diesen hatte er sehr erfolgreich verdrängt, war er doch Schuld daran, dass sein Heimatplanet Gallifrey zerstört wurde, um damit die ultimativ bösen Daleks zu vernichten. Aber Zeit ist ja ziemlich dehnbar, und vielleicht lässt sich an der Vergangenheit doch noch etwas ändern...

Moffat ist es gelungen, ein rundum gelungenes Special zu präsentieren, das selbst seine härtesten Gegner milde stimmen sollte. Tennant und Smith würde man gern noch viel öfter zusammen sehen, so schön sind die kleinen Zickereien über schlechten Modegeschmack und fürchterliche Inneneinrichtung der TARDIS, oder die ganzen Gemeinsamkeiten, denn sie sind nun mal ein und dieselbe Person. John Hurt als Kriegs-Doctor fügt sich da sehr gut als leicht ungläubiger Beobachter ein („Ist das eine Midlife-Crisis?!“) und macht auch seinen inneren Konflikt über seine Entscheidung im Zeitenkrieg sehr deutlich. Die Emotionen stimmen hier einfach.

Diverse Anspielungen auf alte Folgen (sogar Captain Jack Harkness wird erwähnt!), Billie Piper als Rose, Jenna Coleman als Clara (Elfs aktuelle Begleitung), Daleks, leicht trashige Aliens und Special Effects – der Fan bekommt hier das volle Paket.

Viele hätten es Moffat sicher nicht zugetraut, aber er schafft es tatsächlich, viele in den letzten Staffeln aufgeworfene Fragen zu beantworten und mit einem grandiosen Schlussbild auszublenden, während der elfte Doctor weiterreist und dabei etwas im Gepäck hat, was im lange Zeit fehlte: Hoffnung.


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Freitag, 1. November 2013

It's a Marvel! "Thor: The Dark World"


Nach dem großartigen „Iron Man 3“ (der sogar zu cool für einen Untertitel war) kommt nun der nächste Solo-Ausflug aus dem „Avengers“-Team. Dieses Mal darf der hammerschwingende Gott Thor ran, dessen erster Film 2011 bereits gut aufgenommen wurde (knapp $ 450 Mio. Einspielergebnis).

Erneut ist die Welt in Gefahr: Dunkelelf Malekith (Christopher Eccleston, kaum zu erkennen) wurde vor 5000 Jahren von Thors Großvater besiegt und seine Energiequelle, der Äther, vergraben. Nun ist die Zeit für seine Rache gekommen (da nun die Konvergenz der 9 Welten wieder ansteht, lasst euch das vom Film erklären), und er will die Welt erneut in tiefste Dunkelheit stürzen. Thor (Chris Hemsworth) leidet derweil trotz erfolgreicher Schlachten still vor sich hin, da er dummerweise ausgerechnet eine Sterbliche, nämlich Jane Foster (Natalie Portman), liebt. Diese wird in die Auseinandersetzung zwischen Malekith und den Bewohnern Asgards hineingezogen, und so steht bald nicht nur Thors Heimat, sondern auch das Leben seiner großen Liebe auf dem Spiel. Not macht erfinderisch – oder verzweifelt, denn Thor sucht Hilfe bei seinem inhaftierten Bruder Loki (Tom Hiddleston), der sich in der Vergangenheit nicht gerade durch seine Vertrauenswürdigkeit hervorgetan hat.

„Thor“ war schon immer das leicht verrückte Franchise. Während „Iron Man“ einfach eine coole Sau und „Captain America“ heroisch ist, durfte „Thor" schon immer etwas überzogen sein. Regisseur Alan Taylor (bisher v. a. als TV-Regisseur u. a. für „Game of Thrones“ tätig), der von Kenneth Brannagh übernommen hat, kostet das aus. Hier sind die Emotionen etwas pathetischer, die Kostüme aufwändiger und es gehen ungewöhnlichere Gebäude in unterschiedlichsten Welten kaputt. Damit schließt „Thor: The Dark World“ nahtlos an den ersten Teil an und fügt sich gleichzeitig gut in den „Avengers“-Kanon ein. Es gibt Cameos, Anspielungen auf die Ereignisse in New York, und einen guten Schuss Humor, wie man es eben von einem Marvel-Superheldenfilm erwartet.


Kurz zur technischen Seite: Die Special Effects sind natürlich sehr gut, wodurch so verrückte Szenen wie der finale Showdown super zur Geltung kommen, und die Musik von Brian Tyler ist passend bombastisch. Das 3D störte nicht, fügte dem Film aber auch nichts Besonderes hinzu.

Getragen wird der Film aber, einmal abgesehen von den Effekten, von den Schauspielern.
Chris Hemsworth hat gerade einen Lauf in seiner Karriere und ist in manchen Kinos noch im hervorragenden „Rush“ zu sehen. Sein Thor ist gereifter, würdevoller, aber nach wie vor nie um einen blöden Spruch verlegen. Die Liebe zu Jane bringt er ebenfalls überzeugend rüber. Diese wird von Natalie Portman ganz gut gespielt, aber mit diesem Charakter werde ich einfach nicht warm, sie bleibt für mich blass. Macht aber nix, es gibt ja noch genug andere unterhaltsame Charaktere, z. B. Janes coole Freundin Darcy (Kat Dennings) oder Idris Elba als (fast) alles sehender Heimdall.

Alte Bekannte wie Anthony Hopkins als Odin, Rene Russo als seine Frau Frigga oder Stellan Skarsgard als Dr. Selvig (dem die Ereignisse in New York offensichtlich sehr mitgenommen haben) sind auch dabei. Christopher Eccleston als Malekith ist schön böse, aber der (mittlerweile nicht mehr heimliche) Star ist Tom Hiddlestons Loki. Jetzt sitzt er zwar zu Recht im Hochsicherheitsknast von Asgard, aber er ist immer noch ein arrogantern, frecher Mistkerl. Hiddleston spielt ihn mit so offensichtlicher Freude, dass es kein Wunder ist, dass Loki eine deutlich größere Fangemeinde hat als der Titelheld. Jede seiner Szenen macht einfach Spaß (v. a. eine ungefähr in der Mitte des Films – ihr erkennt sie, wenn ihr sie seht).


Man muss es Marvel einfach lassen, das Casting ihrer aktuellen Superhelden ist auf den Punkt. Jetzt müsste man nur noch Black Widow und Hawkeye einen Platz im Rampenlicht einräumen (gerne auch mit einer Erklärung, was denn nun in Budapest los war). Aber vielleicht bekommen wir ja mehr von Natasha Romanoff in „Captain America: The Winter Soldier“ zu sehen. Als Einstimmung auf diesen ist der neue „Thor“ jedenfalls perfekt.

Gibt’s Schwachstellen? Naja, mir war es manchmal etwas zu viel Krach-Peng-Bumm, wodurch der Film mich hin und wieder ein wenig verlor. Jane Foster ist für mich auch leider ein eher schwacher Charakter, v. a. im Vergleich zu vielen anderen tollen Frauen im Marvel-Universum, und ich frage mich immer noch, ob das nun am Charakter selbst oder einfach an Natalie Portman liegt. Aber das sind Kleinigkeiten. Der Film passt sehr gut in die „Avengers“-Reihe und unterhält sehr gut.

Fazit: „Thor: The Dark World“ ist unterhaltsame Superhelden-Kost mit tollen Effekten, einer guten Portion Humor und einem starken Titelhelden. Die Show stiehlt jedoch wieder der Trickser Loki, der zu recht zum Fanliebling geworden ist. Tipp: Bleibt den Abspann durch sitzen. Sowohl in der Mitte des Abspanns als auch ganz am Ende gibt es noch kleine Zusatzszenen. 


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Sonntag, 20. Oktober 2013

"The World's End": Darauf noch ein Cornetto


Gary King (Simon Pegg) war zu Schulzeiten der Coolste und genoss mit seinen vier besten Freunden das Leben. Der Schulabschluss wurde so richtig gefeiert und zwar mit dem Versuch, die „Goldene Meile“ zu bewältigen – Newton Havens zwölf Pubs an einem Abend besuchen und in jedem ein Bier kippen. Geschafft bis zum letzten Pub, dem World’s End, haben die Fünf es zwar nicht, dennoch ist diese Nacht für Gary auch 20 Jahre später noch die beste seines Lebens. Und deshalb will er die alte Truppe wieder um sich sammeln und es noch einmal versuchen. Eher widerwillig lassen Stephen (Paddy Considine), Peter (Eddie Marsan), Oliver (Martin Freeman) und sein früherer bester Freund Andy (Nick Frost) sich überreden, denn im Gegensatz zu Gary haben sie die Schulzeit hinter sich gelassen und gehen einer geregelten Arbeit nach.
Einmal in Newton Haven angekommen stellt sich schnell heraus, dass irgendetwas in ihrem Heimatort nicht so ganz stimmt. Und ausgerechnet Gary ist es, der als Erster auf die Ursache stößt: Die Dorfbewohner wurden durch Roboter ersetzt. Und so nimmt die Sauftour eine unerwartet gewalttätige Wende...

Mit „The World’s End“ beschließt Regisseur Edgar Wright die „Three Flavours Cornetto Trilogy“, deren andere beide Teile „Shaun of the Dead“ und „Hot Fuzz“ mittlerweile Kultstatus genießen. Und auch dieses Mal handelt es sich um einen Genre-Film; nach Zombiehorror und Buddy-Cop-Action versuchen sich Wright und sein Co-Autor Pegg an Science Fiction gemischt mit ein bisschen Martial Arts.

Die satirischen Elemente treten dieses Mal jedoch viel häufiger in den Hintergrund als noch bei den beiden Vorgängerfilmen. Denn auch dieses Mal wird vor allem eine Geschichte über Freundschaft erzählt. Und während bei „Shaun oft he Dead“ Shaun und Ed schon lange die dicksten Kumpel waren und sich als Team durch die Zombies kämpften, und in „Hot Fuzz“ Nicolas und Danny aus anfänglicher Abneigung bzw. Verehrung erst noch eine Freundschaft formen mussten, erleben wir nun in „The World’s End“, was aus Freundschaft werden kann, wenn man sie nicht pflegt sondern stattdessen mit egoistischem Verhalten zerstört.


Dennoch kommt Andy, der am meisten von Gary enttäuscht wurde und wegen ihm ziemlich üble Sachen durchmachen musste, mit nach Newton Haven, womit er nicht nur die anderen drei aus der Gruppe überrascht, sondern wohl auch sich selbst. Aber wenn man einmal so eine Freundschaft hatte, dann hält eben auch immer noch ein Teil in einem daran fest, selbst wenn das Ganze schon längst auseinander gegangen ist. Und Gary selbst will händeringend das Gefühl von damals wieder einfangen, als er der Größte war und nicht der fast 40-jährige Versager ohne Job.
Und deshalb kann ich zwar den Kritikpunkt nachvollziehen, dass „The World’s End“ das satirische Element nicht so sehr in den Vordergrund rückt wie es in den beiden anderen Filmen der Fall ist. Aber es stört mich nicht, da die Charaktere an einem viel ernsteren Punkt in ihrem Leben stehen und somit die Handlung automatisch einen düstereren Anstrich erhält. Dabei belässt es der Film nicht bei einer zerbrochenen Freundschaft, sondern baut auch gleich noch Drogensucht, Mobbing und Tod mit ein.

Das könnte alles furchtbar deprimierend werden, aber glücklicherweise enthalten die „Cornetto“-Filme ja auch immer einen guten Schuss britischen Humor, und davon gibt es auch in „The World’s End“ reichlich. Vor allem Gary mit seiner durchgeknallten Art sorgt für viele Lacher; hinzu kommen die teilweise vollkommen absurden Situationen mit den Robotern und viele kleine Gags, Parallelen und Anspielungen, wie man sie aus den Vorgängern kennt. Unter den Statisten befinden sich sogar ein paar alte Bekannte, wodurch die Einheit der drei „Cornetto“-Filme noch mal betont wird.

Die Schauspieler sind durchweg sehr gut und glaubwürdig. Simon Pegg und Nick Frost spielen eher untypische Rollen. Pegg gibt den von der „Goldenen Meile“ besessenen Gary King mit viel Spielfreude und vollem Körpereinsatz, und immer wieder lässt er hinter der fröhlichen Fassade Garys Verzweiflung durchblitzen. Frost hingegen spielt den straighten Geschäftsmann, der durch Garys früheres Verhalten verbittert ist und den ganzen Kram eigentlich nur hinter sich bringen will. Hier darf er auch mal Talent für ernsthafte Rollen demonstrieren, bekommt aber gleichzeitig auch viel gute Momente in der Hau-Drauf-Action ab.


Paddy Considine, Eddie Marsan und Martin Freeman schaffen es ebenfalls, ihre Charaktere unterscheidbar zu machen und ihnen genug Profil zu geben, dass man gerne noch etwas länger mit ihnen durch die Gegend gezogen wäre. Considines Stephen ist von eher sanfter Natur und darf sich einen kleinen Kampf mit Peggs Gary um die frühere Angebetete Sam liefern. Diese wird von Rosamunde Pike gespielt und hat leider nicht viel zu tun, darf aber immerhin Gary eine runterhauen. Marsans Charakter Peter war früher Mobbingopfer und wenn er dann tatsächlich auf seine frühere Nemesis trifft, geht das schon ans Herz. Und Martin Freeman als Immobilienmakler Oliver hat sich sicher gefreut, dass er fluchen durfte und setzt sein leicht beängstigendes Grinsen sehr gut ein. Keiner spielt einen angenervten Briten so gut Freeman.
Nett auch die diversen bekannten Gesichter in größeren Nebenrollen, wie Pierce Brosnan, David Bradley, Michael Smiley oder Billy Nighy.

Die Effekte sind gelungen, die Musik passend zum Setting eingesetzt, wie man es auch schon aus den Vorgängern kennt (und wer sich über mangelnde Musikidentität beklagt, der hatte wohl während „Alabama Song“ gerade die Toilette aufgesucht; die Szene ist ähnlich einprägsam wie damals "Don’t stop me now“ in „Shaun of the Dead“). Das Ende mag überraschen und ja, so zehn Minuten vor Schluss wird der Film auch etwas geschwätzig (da hätte man dann doch etwas kürzen können), aber bei „Hot Fuzz“ haben sich damals auch viele über die gefühlten zehn Showdowns aufgeregt. *g*

Fazit: „The World’s End“ ist ein gelungener, aber eher düsterer Abschluss der kultigen „Three Flavours Cornetto“-Trilogy. Über kleine Schwächen sehe ich da doch gerne hinweg.

Donnerstag, 10. Oktober 2013

"Rush - Alles für den Sieg": Packend wie ein gutes Formel1-Rennen


Ob aktuell Lewis Hamilton gegen Sebastian Vettel oder der ewige Kampf Ferrari gegen McLaren, Rivalität gehört seit jeher zur Formel 1. Mitte der 70er Jahre waren alle Augen auf die Konkurrenten James Hunt und Niki Lauda gerichtet. Während Hunt seinen Ruf als wildes Partytier mit jeder Menge Alkohol und ständig wechselnden Liebschaften pflegte, schraubte Lauda lieber selbst an seinem Wagen herum und ging seinen Technikern mit seinem Perfektionismus auf die Nerven. Eins hatten diese beiden grundverschiedenen Charaktere jedoch gemeinsam: den Glauben daran, besser zu sein als alle anderen.
1975 wurde Lauda Weltmeister, und auch in der Saison 1976 lief es zunächst gut für ihn, während Hunt immer wieder mit technischen Fehlern zu kämpfen hatte. Und dann kam der deutsche Grand Prix auf dem Nürburgring, bei den Fahrern auch heute noch als „grüne Hölle“ bekannt. Aufgrund schlechter Wetterbedingungen, welche die Strecke noch gefährlicher machten als sie es ohnehin schon ist, schlug Lauda vor, das Rennen abzusagen, was von den anderen Fahrern und v. a. Hunt nicht gut aufgenommen wurde. Das Rennen wurde gestartet, der Rest ist Geschichte.

Die Formel 1 wird nur selten für Filme genutzt, aber mit „Rush“ könnte sich das ändern, denn Ron Howard ist (nach eher durchwachsener Arbeit in den letzten Jahren) ein richtig guter Film gelungen. Die wahre Geschichte bietet genug Zündstoff für einen packenden Film, und auch Dank des sehr guten Drehbuchs von Peter Morgan („Frost/Nixon“) gelingt es dem Film, den Zuschauer mitzureißen, und das, obwohl der Ausgang der Handlung eigentlich hinlänglich bekannt ist. Aber zu wissen, was passiert, ist immer noch etwas anderes als es sozusagen zu „erleben“, denn wer von uns kann schon behaupten, damals live vor dem Fernseher gesessen zu haben?


Und erleben tut der Zuschauer die Geschehnisse des Jahres 1976. Das Drehbuch bringt uns diese zwei schwierigen Charaktere näher und macht sie zu Helden, ohne sie zu verherrlichen. Die Rennszenen werden von Anthony Dod Mantle toll eingefangen (teilweise mit Blick aus dem Cockpit, sodass man sich fragt, wie die Fahrer da überhaupt noch irgendwas sehen können) und von Hans Zimmer mit passend treibender Musik unterlegt. Ich war schon lange nicht mehr so angespannt wie vor dem Start des verhängnisvollen Nürburgring-Rennens.

Die Schauspieler sind großartig. Chris Hemsworth gibt den blonden, hünenhaften Briten James Hunt mit gerechtfertigter Arroganz und jugendlichem Charme, sodass es jederzeit nachvollziehbar bleibt, warum er a) so hoch gehandelt wird, und b) ihm die Herzen der Frauen nur so zufliegen. Aber auch die ernsthafte, verletzliche Seite bringt Hemsworth glaubwürdig rüber – sei es die bittere Verzweiflung , als er ohne Vertrag dasteht, oder die Schuldgefühle nach Laudas Unfall.

Auch Daniel Brühl als Niki Lauda ist hervorragend. Brühl hat sich ja eher unauffällig in diverse international Filme geschlichen (z. B. „Inglorious Basterds“) und mit dem am 31.10. startenden „Inside Wikileaks“ hat er einen weiteren hochgehandelten Film im Gepäck. Er hat den österreichischen Dialekt perfekt drauf und hatte außerdem das Glück, in der Vorbereitung mit Lauda sprechen zu können. Und als Lauda ist er wirklich nicht gerade liebenswert – er spielt die kalte Arroganz und den absoluten Pragmatismus des Österreichers sehr gut. Lauda eckte mit seiner Art im Fahrerlager deutlich mehr an als Hunt – keine Partys oder anderes „Socialising“, dafür morgens um 5 schon Besichtigung der Strecke, ständige Tüftelei am Wagen, Aussagen wie „Er hat zu spät gebremst, selber Schuld“ über einen im Training tödlich verunglückten Fahrer... nicht gerade ein Charmebolzen.
Und doch leidet man mit ihm, wenn er sich vom Sterbebett zurückkämpft auf die Rennstrecke, um sich im Kampf um die Weltmeisterschaft nicht komplett von Hunt abhängen zu lassen. Da will man, dass dieser eher unsympathische Kerl das schafft. Denn dass er auch anders und fröhlich kann (und sich außerdem seine Arroganz, genau wie Hunt, durchaus leisten kann) hat er uns vorher schon bewiesen.


Irgendwie versteht man dann auch, dass seine Frau Marlene zu ihm hält. Gespielt wird diese von Alexandra Maria Lara, und es ist noch die am meisten ausgearbeitete weibliche Rolle in „Rush“. Bei der Konzentration auf das zentrale Rivalenduo verständlich, wenn auch schade. Lara spielt Marlene auf eine unaufdringliche Art und strahlt dabei eine gewisse Stärke aus, die glaubhaft macht, dass Lauda sich zu ihr ernsthaft hingezogen fühlte.
Alle anderen Charaktere sind sehr gut besetzt und unterstützen die Charakterzeichnung von Hunt und Lauda. So gibt Natalie Dormer („Game of Thrones“) eine von Hunts frühen Affären mit Leidenschaft, und Olivia Wilde („Dr House“) spielt seine Frau und Model Suzy Miller mit passender Resignation.

Ron Howard ist ein zwei Stunden langer packender Blick auf eine spannende Zeit in der Formel 1 gelungen. Aus heutiger Sicht sind die Rennen in den 70ern eher erschreckend. Es war eine Zeit, bei der Sicherheit nur unter „ferner liefen“ rangierte, wo Fotografen im Grün direkt an der Rennstrecke lagen, Boxenstopps 30 Sekunden oder länger dauerten, Hightech-Kommunikation über In Ears noch in weiter Ferne lag und laut Statistik von ca. 70 Fahrern jede Saison zwei starben. Wenn man aber überlebte, konnte man zur Legende werden.

Fazit: "Rush" ist ein sehr gut erzähltes und packend inszeniertes Porträt zweier gegensätzlicher Charaktere, die in einem unglaublich fordernden Sport (fast) jedes Risiko eingehen, um den anderen zu schlagen. Gewinner dabei ist auf jeden Fall der Zuschauer.

Donnerstag, 3. Oktober 2013

Urlaubsbericht Südengland 2013



Wie schon im letzten Jahr ging’s auch dieses Mal wieder nach England, allerdings mit größeren Ambitionen: Nicht nur London sollte es sein, sondern gleich mehrere Städte, und das auch noch mit einem Mietwagen. Jawohl wir haben uns ein Auto gemietet und uns dem Linksverkehr gestellt. Und sooo schlimm war es auch gar nicht.. *g* Für mich war es am schwierigsten, den Abstand nach links einzuschätzen, v. a. da die britischen Straßen häufig deutlich schmaler sind als in Deutschland. An das Schalten mit links habe ich mich jedoch schnell gewöhnt; es war eigentlich nur dann problematisch, wenn man mehrere Dinge gleichzeitig tun musste (z. B. im Kreisverkehr lenken, blinken, schalten). Generell war das alles aber ganz gut machbar, und ich würde es auch immer wieder so machen – man ist mit Auto einfach viel flexibler.

Wir flogen mit Flybe, einer Billig-Airline, von Düsseldorf nach Exeter. Wir hatten uns für Exeter entschieden, weil es näher an den Regionen lag, die wir uns anschauen wollten – Somerset, Wiltshire und Devon – und wir uns somit unnötige Fahrerei von London aus ersparen konnten. Bei Flybe sollte man frühzeitig buchen, um an günstige Tickets zu kommen, und auch bei den Gepäckregeln muss man sich vorher genau informieren, aber das kennt man ja von anderen Billigfliegern. Bei uns lief alles gut, der Flug startete pünktlich und so kamen wir um 11 Uhr Ortszeit in Exeter an.

Tag 1: Fahrt zum Hotel, Wookey Hole Caves, Wells 

Exeter ist ein winziger Flughafen, was gut ist, denn so haben wir uns leicht zurecht gefunden. Die Abholung des vorher reservierten Mietwagens ging ohne Probleme über die Bühne, das Auto (ein Fiat 500L – im Rückblick eigentlich etwas zu groß) war anscheinend fast neu und schnell gefunden, und so ging’s runter vom Flughafengelände direkt auf die A303 gen Nordosten. Gerade für Leute wie uns, die vorher noch nie im Linksverkehr gefahren waren, ist Exeter eigentlich ein sehr angenehmer Einstieg – man kann direkt auf eine große, zweispurige Straße fahren (vergleichbar mit unseren Bundesstraßen) und sich ans Fahren gewöhnen, ohne sich bedrängt vorzukommen. Was schnell auffiel und sich später noch umso deutlicher bestätigen sollte: England ist wirklich verdammt hügelig! Ständig geht es rauf und runter, und Kurven sowie Kreisverkehre gibt es Unmengen. Im allgemeinen fuhren die Briten auch so, dass wir gut damit klar kamen, aber den ein oder anderen Drängler gibt es natürlich auch hier (Sorry, dass wir uns in unübersichtlichen, kurvenreichen Straßen an die Geschwindigkeitsbegrenzungen halten!).

Ich erwähnte die schmalen Straßen. Häufig gibt es nicht einmal einen Mittelstreifen, sodass man schon unsicher ist, ob da manchmal überhaupt zwei Autos aneinander vorbei passen. Man muss auch sehr aufpassen, da es in den kleinen Dörfchen am Rande der Landstraßen normalerweise keine Fußgängerwege oder so gibt, die Häuser also direkt an die Straße grenzen. Sehr schön, wenn man nicht genau abschätzen kann, wie weit nach links man denn nun noch Platz hat. *g* Unser Hotel, das Wookey Hole Hotel, lag im gleichnamigen winzigen Ort in der Nähe von Wells. Wookey Hole hat die Wookey Hole Caves inkl. angrenzendem Vergnügungspark für Kinder, sowie einen (teuren) Pub. Die in den Ort führende Straße war für uns Neulinge eine Herausforderung.

Da wir bis zum Check-In im Hotel noch Zeit hatten, besucht wir nach unserer Ankunft erst einmal die Wookey Hole Caves (praktischerweise direkt gegenüber vom Hotel gelegen). Dabei handelt es sich um eine große Tropfsteinhöhle mit unterirdischen Seen, die ca. 50 000 Jahre alt ist. Wir haben uns der nächsten Führung angeschlossen. Diese Führung ist stark auf Kinder ausgerichtet, mit häufigen Anspielungen auf frühere Helden, die in den Höhlen angeblich eine Hexe sahen usw. Wenn man davon absieht, ist die Führung aber recht interessant, und v. a. die Höhle an sich mit ihren einzelnen Kammern ist natürlich beeindruckend.
 Im Anschluss an die Höhlen wird man dann durch einen "Dinosaurierpark" und diverse andere Attraktionen geleitet - ein Zirkusmuseum, einen Indoor-Spielplatz, Spielautomatenhalle etc. Alles sehr laut, sehr blinkend, und offensichtlich für Kinder. Irgendwie muss man die Fahrt nach Wookey Hole ja rechtfertigen. Wir sind da jedenfalls schnell durchgelaufen.

Nach dem Check-In sind wir nach Wells gefahren. Wells ist die kleinste Stadt Großbritanniens (ca. 10 000 Einwohner), die sich "City" nennen darf, da sie seit 909 Bischofssitz ist. Für Filmfans ist Wells jedoch deshalb interessant, weil hier der Großteil von "Hot Fuzz" (mit Simon Pegg und Nick Frost) gedreht wurde. Man erkennt auch viele Drehorte wieder, v. a. den Markplatz mit Blick die Hauptstraße runter bzw. auf das Tor zum Bishop's Palace (wo der Showdown des Films stattfand), sowie die Kirche St. Cuthbert's (wo das Kirchenfest gedreht wurde).
Wells ist eine hübsche Stadt mit netten Geschäften, einem schönen Marktplatz und einer großartigen Kathedrale. Diese ist wirklich beeindruckend, von innen wie von außen. Gerade die Westfront mit der davor liegenden Gründfläche ist sehr kunstvoll gestaltet. Der angrenzende Bishop's Palace hatte leider schon geschlossen, als wir in Wells ankamen, aber Vicar's Close konnte man natürlich noch besuchen. Dabei handelt es sich um eine kleine Reihenhaussiedlung aus dem 14. Jahrhundert, ganz typisch mit winzigen Vorgärten und hohen Kamintürmen. Man kommt sich vor wie in einer anderen Zeit, wunderbar.
Wir haben nett in der kleinen Pizzeria Da Luciano auf der Broad Street gegessen; ein Familienbetrieb, wo immer etwas los ist. Danach ging's zurück ins Hotel (irgendwann gewöhnt man sich auch an die furchtbare Straße nach Wookey Hole *g*).


Tag 2: Cheddar Gorge und Stourhead

Die Fahrt nach Cheddar (natürlich berühmt für den gleichnamigen Käse) dauerte vom Hotel ca. 30 min. Cheddar Gorge ist eine wunderschöne, ca. 3 km lange und 100 m tiefe Schlucht, durch die sich eine schmale Straße windet, und schließt gleich im Nordosten an Cheddar an. Neben einem Wanderweg, der einen oben entlang der Schlucht führt, gibt es dort auch zwei große Höhlen, die man besichtigen kann, sowie ein prähistorisches Museum und diverse Shops. Auch eine Bustour durch die Schlucht ist im Eintrittspreis inbegriffen.
Mit dieser Tour sind wir dann auch gleich gestartet, um in Ruhe einen Überblick zu bekommen. Die Schlucht ist sehr beeindruckend, und an den zerklüfteten Wänden sah man sowohl Kletterer als auch Bergziegen.
 Die erste Höhle, die wir besichtigten, war Gough’s Cave. Im Gegensatz zu den Wookey Hole Caves kann man die Höhlen in der Cheddar Gorge ohne Führung besichtigen. Gough’s Cave ist sehr groß und geht ein gutes Stück in den Berg. Einige Räume mit den Mineralablagerungen waren sehr beeindruckend. Auch hübsch waren die Wasserbecken, in denen kleine Tropfsteine standen. Unter diesen Wasserbecken führte teilweise der Fußweg entlang (das Bild u. ist z. B. so ein Becken). Die zweite Höhle, Cox’s Cave, ist kleiner, hat aber auch ein paar interessante Räume zu bieten. Der anschließende Crystal Quest mit animatronischen Puppen ist aber schon extrem überholt (wie uns bereits an der Kasse erzählt wurde *g*). Davon lassen sich nur noch die ganz kleinen Kinder beeindrucken.
Nach den beiden Höhlen machten wir uns auf zum Aussichtssturm. Dafür muss man 247 recht ausgetretene und unebene Stufen bewältigen, um überhaupt die Schlucht hochzukommen. Und dann geht’s im eigentlichen Turm nochmal ein gutes Stück höher. Die Aussicht lohnt sich aber definitiv. Aus zeitlichen Gründen haben wir uns dann gegen den kompletten Wanderweg entschieden, sind aber für ca. eine Stunde den Weg entlang und haben die Aussicht auf die Schlucht an den Aussichtspunkten genossen.

Um ca. 14 Uhr machten wir uns dann von Cheddar Gorge auf nach Stourhead. Die Fahrt dauerte ca. eine Stunde. Stourhead ist ein ca. 37 ha großer, grandioser Landschaftspark inkl. schönem Herrenhaus. Wir wanderten zuerst durch den ummauerten Garten mit seinen Blumen- und Gemüsebeeten, vorbei an den alten Stallungen hin zum Herrenhaus.
Das Haus stammt aus dem18. Jahrhundert und ist im Besitz der Familie Hoare, die den weltberühmten Landschaftspark ganz bewusste so anlegte, wie er heute immer noch besteht. Wir schlenderten durch die Räume des Hauses und bewunderten die alte Ausstattung und die... Herrschaftlichkeit des ganzen. In so ziemlich jedem Raum stand auch ein Guide, der gerne etwas über die Geschichte des Hauses und spezielle Besonderheiten der einzelnen Räume erzählte.
Nach dem Haus gingen wir in den Park. Manche der Bäume müssen uralt sein, so groß wie sie sind. Der Pfad windet sich durch den Wald Richtung See. Traumhaft. Henry Hoare II konstruierte den Park so, dass man immer wieder großartige Aussichten hat (orientiert an der damaligen Landschaftsmalerei), und das merkt man. Entlang des Sees gibt es immer wieder herrliche Ausblicke und auch kleine Details in der Gestaltung zu entdecken: eine Grotte, ein Cottage, Tempel... eigentlich kann man den ganzen Tag in Stourhead verbringen. Ein riesiges Gelände, das den Besuch auf jeden Fall lohnt.



Tag 3: Bath

Der dritte Tag stand ganz im Zeichen der berühmten Stadt Bath, die ein UNESCO Weltkulturerbe ist. Wie jeder vernünftige Mensch nutzten wir das P+R-System der Stadt, denn gerade in der Rush Hour gibt es sonst so gut wie kein Durchkommen.
Wir starteten mit den Römischen Bädern, für die Bath besonders bekannt ist. Das Roman Baths Museum ist sehr interessant und man bekommt einen Einblick darin, wie es zu Zeiten der Römer im Bad wohl ausgesehen haben mag, auch wenn es manchmal etwas schwierig ist sich vorzustellen, dass z. B. dieser eine Rest Mauerwerk früher einmal eine Außensäule gewesen sein soll. *g* Beeindruckend ist natürlich das gut erhaltene „Große Bad“ mit dem Wasser aus der heißen Quelle, das heutzutage im Freien liegt, früher aber überdacht war. Von dort sieht man im Hintergrund auch die Abbey ganz gut.
Wer sich einen kostenlosen Audioguide mitnimmt, kann an bestimmten Stellen auch Kommentare des Schriftstellers Billy Bryson hören.
Den Pump Room (aus diversen Jane Austen-Verfilmungen bekannt, denn dort flanierte die bessere Gesellschaft gerne so vor sich hin) besuchten wir nicht – dort gab es bereits um die Mittagszeit eine kleine Schlange und ehrlich gesagt bin ich auch nicht bereit, die Preise dort zu bezahlen. *g* Vom Römischen Bad gingen wir zur direkt daneben liegenden Abbey. Wie immer bei englischen Kirchen und Kathedralen ein sehr beeindruckender Bau. Die Abtei wurde im 15. Jahrhundert gebaut und hat ein großartiges Fächergewölbe sowie viele kunstvolle Fenster.

Als nächstes spazierten wir etwas durch die Straßen (inkl. einem kleinen Schlenker zum Postamt) und kamen schließlich zum Fashion Museum. Die Eintrittskarte dazu hatten wir bereits im Roman Baths Museum gekauft, das war ganz praktisch. Das Fashion Museum ist recht klein, bietet aber eine Reihe von, ähm, gewöhnungsbedürftigen bis schönen Roben aus den unterschiedlichsten Epochen, wobei Stücke aus dem 20. Jahrhundert überwiegen.
Von dort ging’s über The Circus (im Grunde ein riesiger Kreisverkehr, aber sehr schön gestaltet) zum Royal Crescent – dem im Halbrund gestalteten Straßenzug georgianischer Häuser. Crescent No. 1 wurde als Museum hergerichtet, welches ebenfalls sehr interessant ist. Man bekommt einen guten Einblick darin, wie damals zu Baubeginn in den besser gestellten Familien gelebt wurde. Die im Haus verteilten Guides haben auch immer wieder die ein oder andere Anekdote parat (u. a. tippt man darauf, dass der Architekt John Wood d. J. in diesem Haus wohnte, um aufzupassen, dass sich die Bauarbeiter auch ja an seine Vorgaben hielten).

Vom Royal Crescent gingen wir zum Jane Austen Centre, das sich mit Janes Leben in Bath befasst (welches zum Großteil nicht gerade glücklich war). Man bekommt eine ca. 15 min dauernde Einführung in das Leben Jane Austens, dann kommt man durch eine Ausstellung, die sich mit den Details des Lebens in Bath zu Janes Zeiten befasst (v. a. dem gesellschaftlichen Leben). Außerdem gibt es einen Film, der auch die diversen Roman-Verfilmungen aufgreift und diese mit Janes wirklichen Leben vergleicht. Für richtig große Jane Austen-Fans bietet das Centre aber vermutlich so gut wie nichts Neues.
Im Anschluss schlenderten wir zur Pulteney Bridge (deren treppenförmiger Flusslauf in der letztjährigen „Les Miserables“-Verfilmung als Kulisse diente und auch sonst ein sehr beliebtes Postkartenmotiv ist) und am Fluss Avon vorbei zurück zum Roman Baths Museum, um mit dem Bus zurück zum Auto zu kommen.
Wir wollte nämlich noch nach Bristol ins Kino fahren, da das dortige Showcase Cinema „The World’s End“ noch zeigte und wir uns die Gelegenheit nicht entgehen lassen wollten, den Film im Original zu sehen. Natürlich gerieten wir mitten in die Rush Hour und brauchten etwas länger nach Bristol, aber kein Thema, da wir eh noch genug Zeit hatten. War dann auch sehr toll und beinahe hätten wir den Saal sogar für uns gehabt...

Auf dem Rückweg hieß es dann, im Dunkeln über englische Landstraßen zu fahren. Ist tatsächlich noch spannender als im Hellen! *g* Zum Glück war ich nicht dran...



Tag 4: Salisbury und Longleat House

Am nächsten Tag ging es nach Salisbury, ca. anderthalb Stunden Fahrzeit von Wookey Hole aus. Auch dort haben wir wieder das P+R genutzt (bei Wilton, wo wir im Anschluss eigentlich Wilton House hatten anschauen wollen, aber das war zeitlich leider nicht mehr drin). In der Innenstadt angekommen, machten wir uns auch gleich auf Richtung Kathedrale. Die kleinen Straßen und Gassen der Altstadt in der Nähe des Marktplatzes sind sogar richtig charmant und es gibt viele gute Einkaufsmöglichkeiten dort.

Die St. Mary’s Kathedrale ist dann wirklich so imposant und großartig anzuschauen, wie man immer hört. Sie ist über 750 Jahre alt und kann mit dem höchsten Kirchturm Großbritanniens (123 m) prahlen. Auf der Domfreiheit saßen auch viele Touristen und Einheimische und genossen das ziemlich gute Wetter. Im Nachhinein können wir sagen, dass diese Kathedrale die schönste war, die wir in diesem Urlaub gesehen haben. Auch von innen ist sie einfach herrlich prachtvoll und toll gestaltet, v. a. die dunkelblaue Fenster der Trinity Chapel hatten es uns angetan. Der Kreuzgang ist ebenfalls toll, und eine von nur vier verbleibenden Magna-Carta-Unterschriften kann man sich hier auch ansehen. Nur das integrierte Restaurant wirkte ein wenig befremdlich, aber gut. Da Salisbury außer der Kathedrale und der hübschen Altstadt jetzt nicht gerade viele Touristenattraktionen hat, muss man eben rausholen, was geht. *g*

Von Salisbury aus fuhren wir dann nach Longleat House. Dieses liegt in der Nähe von Warminster und ist v. a. deshalb bekannt, weil es dort außerdem einen Safari-Park und einen Adventure Park gibt. Unser Navi hat uns dann auch mal konsequent an der Einfahrt vorbeigeleitet, sodass wir es schließlich ignoriert haben und uns an die Schilder hielten. Wenn man denen folgt, fährt man nach einem Kreisverkehr erst mal lange durch Wald (Longleat Forrest) und wird auf Longleat Centre Parks hingewiesen, bis man an Verkaufshäuschen kommt. Wir haben uns dann nur Tickets für Haus und Garten geholt, aber gerade mit Kindern ist sicherlich die Safari-Tour und der Adventure Park (u. a. mit großem Labyrinth) bestens geeignet. Tja, und wenn man sein Ticket hat, fährt man erstmal weiter die Straße entlang, bis es plötzlich bergab geht und man das Haus zum ersten Mal sehen kann wie es im Tal liegt, umgeben von riesigen Wiesen und Waldstücken – Wahnsinn.

Das Haus stammt aus dem 16. Jahrhundert, ist seit dieser Zeit im Besitz der Familie Thynn und gilt als eines der besten Beispiele für Elisabethanische Architektur. Von außen sehr imposant, geht’s drinnen mit Superlativen weiter. Massenhaft Antiquitäten, weitläufige Räume und wunderschön gestaltete Deckenverzierungen bieten was fürs Auge. Der rückwärtige Garten mit Orangerie ist sehr hübsch angelegt, mit verschlungenen Pfaden und Rosenbüschen. Wir haben den Besuch auf jeden Fall nicht bereut.



Tag 5: Glastonbury, Fahrt nach Exeter, A La Ronde

Mittwoch, der 5. Tag unseres Urlaubs, war der „Unterkunftswechsel-Tag“. Nach dem Check-Out machten wir einen kurzen Abstecher rein nach Wells (wir mochten die Stadt einfach so sehr) und gingen über den Wochenmarkt. Dann machten wir uns auf den Weg Richtung Exeter, wobei unser erster Zwischenstopp Glastonbury war.

Glastonbury ist natürlich v. a. wegen seines Musikfestivals im Sommer bekannt, bei dem sich ja auch immer jede Menge Stars sehen lassen. Wir besuchten zuerst die Ruinen der Abbey. Diese Abtei galt als eine der schönsten des Landes, ist u. a Ruhestätte von König Artus und war die zweit reichste Stiftung des Landes. Im Jahr 1539 wurde sie komplett geplündert und zerstört, da König Heinrich VIII. gerade dazu übergegangen war, alle Katholiken zu hassen. Die im 20. Jahrhundert reparierten Ruinen geben einen groben Überblick, wie riesig die Abbey einst gewesen sein muss.
Vom Parkplatz (P+R) an der Abbey fährt in regelmäßigen Abständen ein Minibus zum Glastonbury Tor. Die Zeit bis zum nächsten Bus haben wir totgeschlagen, indem wir etwas die Hauptstraße hoch- und runtergelaufen sind. Mir persönlich war das dann doch ein bisschen zu viel New Age und Esoterik-Kram, den die diversen Läden anboten (und viele verschiedene Düfte für Räucherstäbchen ergeben nicht unbedingt eine gute Kombination).
Der Bus brachte uns dann bis an den Rand des Tors – die unebenen und schmalen Stufen muss man dann schon alleine bewältigen. Vom Tor aus hat man einen sehr guten Blick über die umliegende Landschaft. Warm einpacken sollte man sicher aber schon, es fegt meist nämlich ein ganz schöner Wind über den Tor. Immerhin bietet der alte Kirchturm, zu dem in früheren Zeiten die Bewohner der angrenzenden Dörfer selbst bei schlechtesten Wetterverhältnissen zum Gebet pilgern mussten, ein bisschen Schutz. Gerade bei gutem Wetter ist der Tor auf jeden Fall einen Besuch wert.

Im Anschluss an Glastonbury ging es weiter nach Exeter. Dieser Teil unserer Reise war dann auch von einem komplett durchdrehenden Navi geprägt, das uns zunächst über verschlungene Dorfstraßen zur nächst größeren Landstraße brachte (denn das war der direkteste Weg, egal wie schlecht er sich fahren ließ), und dann noch nicht einmal Ottery St. Mary fand. Dort wollten wir nämlich – alte „Cabin Pressure“-Fans, die wir sind – mal kurz vorbeischauen. Meine Freundin tat mir richtig leid, weil das Navi uns konsequent am Ort vorbeilotste und sie wieder mal über unübersichtliche, von Hecken begrenzte Mini-Straßen fahren musste. Gut, dass wir den Road Atlas mithatten (und eines der winzigen Dörfchen in der Umgeben ein Ortsschild besaß...).

Nach dieser Anstrengung hatten wir uns die Ankunft in unserer zweiten Bleibe redlich verdient. Wir hatten uns für das Eastcoat Luxury Guesthouse in Clyst St. Mary entschieden, einem Vorort von Exeter. Es war ein richtig hübsches Bed & Breakfast und die Besitzerin, Tina, war sehr hilfsbereit. Das Guesthouse war außerdem ein guter Ausgangspunkt für die nächsten zwei Tage und liegt vielleicht 10 min Fahrt vom Flughafen Exeter entfernt – ideal, da unser Rückflug sehr früh ging und wir so unser Mietauto am Vortag abgeben mussten.

Unseren fünften Tag brachten wir dann mit einem Besuch von A la Ronde in Exmouth zum Abschluss. Dabei handelt es sich um ein 16-seitiges Haus, gebaut nach den Vorgaben der Kusinen Jane und Mary Parminter 1796. Auf die Idee für das Haus kamen die Frauen auf ihrer lagen Europareise, und für die sechzehn Seiten entschieden sie sich, damit sie sozusagen mit der Sonne durch die Räume wandern konnten und möglichst viel Licht im Haus hatten. Das Haus ist wirklich sehr speziell und vollgestopft mit allerlei Krimskrams, den die Parminters auf ihren Reisen gesammelt haben. Überall Bücher, Muscheln, Figuren, Schatullen. Vom oberen Stockwerk hat man aus manchen Zimmern einen sehr schönen Blick auf die Flussmündung des Exe. Die Muschel-Galerie unter dem Dach kann leider nicht besichtigt werden – dort wurden die Wände vollkommen mit Muscheln beklebt und die Konstruktion ist leider viel zu empfindlich, als dass man dort Besucher durchlaufen lassen könnte.

Gegessen haben wir im örtlichen Pub, dem Half Moon Inn. Große Portionen und sehr lecker zu fairen Preisen.



Tag 6: Exeter

Um nach Exeter zu kommen, nahmen wir einfach den Bus, der direkt gegenüber des B&B abfuhr. Achtung: Dazu muss man eine sehr stark befahrene Straße überqueren, man sollte also genug Zeit dafür einplanen, damit der Bus nicht ohne einen weiterfährt (ja, ich spreche aus Erfahrung....). Wir sind bis zur Central Station gefahren, von dort sind es nur ein paar Minuten bis zu den Haupteinkaufsstraßen und vielleicht zehn Minuten bis zur Kathedrale.

Exeters Kathedrale ist ein wuchtiger Bau. Ursprünglich im romanischen Stil im 12. Jahrhundert erbaut, gab es zwischen ca. 1270 und 1350 einen großen Umbau in den gotischen Stil, wobei allerdings noch Teile der alten Bauweise erhalten blieben. Die Kathedrale ist zu Recht Exeters bekannteste Sehenswürdigkeit – ein sehr beeindruckender Bau, wenn auch nicht so elegant wie die Kathedrale von Salisbury. Als wir dort ankamen, gab es rund um die Kathedrale einen riesigen Menschenauflauf und lange Schlangen. Wir hatten schon Sorge, dass man sich anstellen muss um überhaupt ins Innere zu kommen – aber nein, es stellte sich heraus, das Dreharbeiten für die neue Staffel der beliebten Sendung „Antiques Roadshow“ stattfanden. Die Leute hatten allen möglichen alten Krempel mit; vielleicht hofften sie, etwas so Interessantes zu besitzen, dass sie in der Show drankommen würden. Im Inneren der Kathedrale wurde gedreht, man konnte sich aber dennoch sehr frei bewegen. Auch von innen handelt es sich um einen sehr prunkvollen Bau mit vielen tollen Details.

Uns war es aber doch etwas zu viel Trubel, und so gingen wir bergab zum Quay, also ans Flussufer des Exe und machten Mittagspause. Es gibt sicherlich pittoreskere Fleckchen, aber es ließ sich dort gut aushalten. Anschließend gingen wir zu den Underground Passages. Dabei handelt es sich um Tunnel, die im Mittelalter die Frischwasserleitungen enthielten und die auf einer ca. 25-minütigen Tour teilweise besichtigt werden können (ohne Wasserleitungen). Eigentlich kostet das Eintritt, aber uns wurde mitgeteilt, dass wir uns der nächsten Tour anschließen könnten und dass es umsonst wäre. Super Sache! Wir mussten dann zwar anderthalb Stunden warten, aber die schlugen wir um die Ecke bei Waterstone’s (die nicht vorhandene Buchpreisbindung in Großbritannien ist schon toll) und dem darüber liegenden Costa Coffee tot. *g*

Pünktlich erschienen wir im Infocenter, wo es eine kleine interaktive Ausstellung zu den Underground Passages gibt. Anschließend sahen wir uns einen ca. 10-minütigen Film über die Entstehung der Tunnel an und wurden dann von unserem Guide abgeholt. Natürlich mussten wir alle einen Helm tragen, denn die Tunnel sind sehr niedrig und dienten eigentlich nur dazu kaputte Leitungen zu reparieren. Die meiste Zeit ist die Deckenhöhe irgendwas zwischen 1,50 m und 1,70 m. Außerdem sind die Tunnel sehr eng, also nichts für Leute mit Platzangst. Für die ganz Verrückten gibt es auch eine Passage, die teilweise nur einen Meter oder sogar noch niedriger ist. Ja, wir haben uns durchgewagt. *g* Zuerst geht’s noch ganz gut im Entenwatschelgang, aber selbst das bringt einen irgendwann nicht mehr weiter und man muss tatsächlich kriechen. Wir haben viel gelacht und waren immerhin nicht die Größten, die sich da durchgeschlagen haben.
Fotos konnte man dort keine machen, aber ich hab eines der Plakate fotografiert:
Wir haben dann noch in einem australisch angehauchten Restaurant etwas gegessen und sind dann mit dem Bus wieder zurück zum Guesthouse gefahren. Exeter hat uns auf jeden Fall gefallen und es ist überraschend untouristisch (so gut wie keine Souvenirshops, was frustrierend war, da ich Postkarten zu Dartmoor kaufen wollte – unten am Quay gab’s dann aber doch wirklich schöne Karten; nicht die bei der Touristen-Info, sondern weiter am Quay entlang in einem der folgenden Shops).


Tag 7: Dartmoor

Der letzte Tag blieb ganz dem Dartmoor vorbehalten. Das Moor ist zum Großteil Nationalpark und man sollte sich beim Autofahren auf viele, viele lustige Steigungen und enge Straßen einstellen. Ja sicher, eigentlich nicht anders als auf den „normalen“ Landstraßen bisher, aber hier gibt’s eine erhöhte Schwierigkeitsstufe: Schafe, Kühe, Ziegen und Ponys laufen frei auf dem Moor herum und gerade die Schafe stehen gerne mal hinter Bergkuppen mitten auf der Straße.

Wir hatten für 10 Uhr bei den Cholwell Riding Stables einen Ausritt gebucht und machten uns große Sorgen, ob das Ganze nicht im wahrsten Sinn des Wortes ins Wasser fallen würde – als wir vom Guesthouse aufbrachen, goss es in Strömen und das Dartmoor ist ja für sein launisches Wetter bekannt.
Wir planten für die Fahrt über 1 Stunde ein, so konnten wir uns genug Zeit lassen, denn wir sollten so ca. 15 min früher da sein. Zum Glück hatte ich mir bereits im Internet angeschaut, wie denn die Einfahrt zum Hof so aussieht, denn ansonsten wären wir schön dran vorbei gefahren. Wenn man der A386 gen Süden folgt, kommt irgendwann ein geteerter Feldweg, der sehr scharf links abgeht – da geht’s zum Stall. Keine Ahnung, ob man die Kurve wirklich von der Straße aus schafft, bei Gegenverkehr vermutlich nicht. Wir haben im Ort Mary Tavy gedreht, das war einfacher. *g* Mittlerweile hatten wir ja auch gut Übung mit schmalen Wegen, aber die kurvige, am Rand teilweise steil abfallende Straße zum Hof war dennoch nichts für ängstliche Gemüter. Durch eine kleine Schlucht ging’s zum einsam liegenden Hof (das weiß-schwarze Etwas ca. in der Mitte des Bildes).
Pünktlich zu unserer Ankunft hörte es dann auch auf zu regnen. Wir wurden sehr nett begrüßt und nachdem man unsere Reitkenntnisse erfragt hatte, wurden uns Pferde zugeteilt. Alle Pferden dort sind natürlich sehr brav, nicht schreckhaft und absolut sicher im Gelände, aber selbst bei braven Pferden gibt es natürlich Unterschiede. Für mich mit langjähriger Reiterfahrung war Harry jedenfalls eine gute Wahl – er giftete hin und wieder die anderen Pferde an um vorbeizukommen und ein unerfahrener Reiter hätte sich davon vielleicht verunsichern lassen. Während des zweistündigen Ausritts wurde unsere 5-köpfige Gruppe von Donna und Kaylee begleitet, die sich gut um uns kümmerten und sicherstellten, dass wir mit den Pferden klar kamen, bevor es an Trab oder Galopp ging. Sie unterhielten sich auch immer wieder nett mit uns und schwärmten vom diesjährigen Sommer, der wohl so warm und schön wie lange nicht mehr gewesen war.
Wer gerne mal übers Moor reiten möchte, ist in Cholwell sehr gut aufgehoben. Wir hatten viel Spaß auf dem Ritt (und furchtbaren Muskelkater am nächsten Tag *g*) und falls es uns irgendwann wieder ins Dartmoor verschlagen sollte, werden wir sicher wieder dort vorbeischauen.

Vom Hof fuhren wir weiter gen Süden und bogen dann bei Tavistock auf die B3357 ab, die quer durchs Dartmoor führt (genau wie die B3212). Zunächst stoppten wir auf einem der unbefestigten Parkplätze am Straßenrand in der Nähe von Vixen Tor, weil es dort einfach zu toll aussah (mit dem Tor im Nebel und so). Sind dann auch bis zum Tor gelaufen, vorbei an Kühen und Ponys. Direkt an den Tor ran kommt man aber nicht, er ist umzäunt (vermutlich, weil die Konstruktion doch recht wacklig aussieht).
 Danach machten wir einen kurzen Stop in Two Bridges, das wir nicht so interessant fanden, und fuhren dann weiter nach Postbridge. Dort gibt’s nämlich die berühmte Clapper Bridge, die auf Fotos sehr klein und wacklig aussieht, aber eigentlich ziemlich groß ist. Das war dann schon eher nach unserem Geschmack und hätten wir mehr Zeit gehabt, wären wir sicher auch etwas in der Gegend rumgewandert.Auf dem Weg dorthin gerieten wir auch ganz stilecht in einen Schaftrieb...
Mittlerweile war es schon Nachmittag und daher musste wir unsere Planung etwas umwerfen, schließlich mussten wir das Auto auch noch bei der Station am Flughafen abgeben. Eigentlich hatten wir noch Widecombe in the Moor besuchen wollen, das als eines der Vorzeigedörfer des Dartmoor gilt. Das strichen wir nun von unserem Plan und fuhren direkt zum Hound Tor. Als „Sherlock“-Fans konnten wir uns den ja nun absolut nicht entgehen lassen. Der Tor liegt in der Nähe von Manaton und ist deutlich größer, als er auf den meisten Fotos wirkt. Zu dem Zeitpunkt regnete es leider auch schon ziemlich beständig, und da der Tor auf einer Anhöhe liegt, fegte dort auch ein ganz schöner Wind über die Felsen hinweg.
 Der Tor ist einfach toll und wäre das Wetter besser gewesen, hätte ich es mir nicht nehmen lassen, mich auf dem in „Sherlock“ vorkommenden Felsen in Pose zu werfen. Bei den gegebenen Wetterbedingungen wäre ich aber vermutlich weggeweht worden (dennoch habe ich ernsthaft drüber nachgedacht es zu versuchen, weil ich bekloppt bin). Wenn man diese ganzen seltsam geformten Felsen sieht, wundert es einen auch nicht, dass Tolkien über Steintrolle usw. schreibt...
Vom Tor aus nahmen wir den direkten Weg zur A38, um wieder nach Norden zum Flughafen zu kommen. Die A38 geht irgendwann einfach in die Autobahn M5 über, und dann musste wir noch über den furchtbaren riesigen Kreisverkehr inkl. mehrerer Ampeln (Ampeln im Kreisverkehr sind ganz toll...), durch den wir irgendwie durchgekommen sind (ich weiß aber nicht so genau wie) und erreichten pünktlich den Flughafen. Autorückgabe war vollkommen unproblematisch und mit dem Taxi fuhren wir zurück nach Clyst St. Mary. Leider ist der Flug von Flybe samstags immer unglaublich früh, sodass wir das Guesthouse am nächsten Morgen schon um halb 6 verlassen mussten. Grausam. Aber deshalb ist das Eastcote auch so praktisch, man braucht eben nicht lange bis zum Flughafen.

Wir hatten einen sehr schönen (und wie immer auch anstrengenden) Urlaub, haben verdammt viel gesehen und sind besser mit dem Linksverkehr klargekommen als vorher gedacht. Viele Orte würde ich gern noch mal besuchen, v. a. Wells, Stourhead und das Dartmoor. Falls ihr irgendwelche Fragen haben solltet, beantworte ich die gern. :)


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