Mittwoch, 22. August 2012

Kurzkritiken passend zum Wetter: Heiße Männer x 2 mit (manchmal) wenig an

The Rum Diary
Verzeiht mir den dämlichen Spruch, der plötzliche Sommer schmilzt mir langsam aber sicher das Hirn weg und so konnte ich einfach nicht widerstehen. Was gibt es also Besseres, als sich bei diesen Temperaturen ins klimatisierte Kino zu flüchten (außer vielleicht am Badesee zu liegen, aber die sind ja alle überfüllt), und angenehm abgekühlt die sonnigen Orte auf dr Leinwand auf sich wirken zu lassen?

So bin ich Johnny Depp in "The Rum Diary" ins Puerto Rico der 60er gefolgt. Dort säuft er sich als Journalist Paul Kemp durch die Minibars, verliebt sich in die verführerische Chenault (Amber Heard), die jedoch bereits an den reichen Geschäftsmann Sanderson (Aaron Eckhart) vergeben ist, und geht ganz selten sogar seinem Job nach. Aber Puerto Rico bietet so viele Ablenkungen (und so viel hochprozentigen Rum), dass er immer wieder von seinen guten Vorsätzen abrückt - und seine Kollegen, der resignierte Sala (Michael Rispoli) und der ständig betrunkene  Moberg (Giovanni Ribisi), sind nun wirklich keine Hilfe.

Bruce Robinsons Film basiert auf einem Roman von Hunter S. Thompson (möglicherweise mit auobiografischen Zügen, bei Thompson wusste man das ja nie so genau), und in Kombination mit Depps Beteiligung war man geneigt, ein zweites, hoffentlich ebenso kultiges, "Fear and Loathingin Las Vegas" zu erwarten. Tja, daraus ist jedoch leider nix geworden. Der Film hat eine recht bewegte Geschichte hinter sich und wurde bereits vor ein paar Jahren abgedreht, dann fand sich aber kein Verleih, weshalb er erst so spät in die deutschen Kinos fand. Bei der ganzen Zeit hätte man ruhig nochmal über den Film drübergucken und ein paar Szenen schneiden können, denn die Geschichte fließt doch eher zäh vor sich hin. Passieren tut ja eh nicht viel, und so müssen die Charaktere den Zuschauer bei der Stange halten. Nur ist Kemp eben leider längst nicht so skurril wie Raoul Duke aus "Fear & Loathing", und auch die anderen Charaktere geben nicht allzu viel her. Dass Depp gut einen Betrunkenen spielen kann, wissen wir alle spätestens seit "Fluch der Karibik", nur scheint sein Paul Kemp aus nicht viel mehr zu bestehen, und auch die Chemie mit Amber Heard als Love Interest ist nicht gerade prickelnd. Einzig Aaron Eckhardt als fieser Möpp war wirklich überzeugend, wenn auch nicht überaus effektiv als Bösewicht.

Robinson schwelgt in schönen Bildern, die einem nur leider viel zu oft überhaupt nichts sagen (ich kann nur eine begerenzte Anzahl an schönen Landschaftsaufnahmen ertragen, v. a. wenn der Film mich ansonsten auch nicht richtig packt), und auch der Humor kommt viel zu kurz. Wirklich im Gedächtnis bleiben zwei kurze, aber verrückte Autoverfolgungsjagden, und auch noch der Anfang mit Kemps Vorstellungsgespräch. Zu wenig, wenn ansonsten die Spannung auch nicht gehalten werden kann.

Hier wäre mehr drin gewesen. Die Story plätschert so vor sich hin, und für zwei Stunden Laufzeit halten all die schönen Menschen die Aufmerksamkeit des Zuschauers nur mit Mühe. Beim nächsten Thompson-Roman führt dann bitte wieder Terry Gilliam die Regie, ja?

(Kleine Notiz am Rande: Nicht wundern, dieses Mal ist wieder Marcus Off Depps Synchronsprecher, weil... öhm, jaaa.. einfach so anscheinend. *g*)



Magic Mike

Mike (Channing Tatum) hat einen Traum: Er möchte eigens von ihm entworfene Möbel verkaufen, und er ist auch kreativ genug, um interessante Stücke zu zimmern. Um Geld zu verdienen, hat er mehrere Jobs am Start, so arbeitet er bei einem Dachdeckerunternehmen - und ist nachts der Star im Strip Club von Dallas (Matthew McConaughey), dort genannt "Magic Mike". Als er den jungen Adam (Alex Pettyfer) kennenlernt, nimmt er ihn mit in den Club und verschafft ihm einen Platz in der Show. Adams Schwester Brooke (Cody Horn) ist davon überhaupt nicht begeistert, aber Mike verspricht auf ihren Bruder aufzupassen. Nur sind die Versuchungen der Szene doch ziemlich groß und Adam verliert sich bald in Partys, Drogen und Sex, während Mike seinem Traum irgendwie keinen Schritt näher kommt.

Glücklicherweise inszeniert Steven Soderbergh seinen Film nicht als staubtrockenes Drama. Immer wieder streut er etwas Humor ein, und die Hauptcharaktere sind recht gut ausgearbeitet. Mikes Charakter basiert auf Channing Tatums eigener Vergangenheit und erzeigt zum Glück, dass er nicht nur hervorragend tanzen, sondern auch ganz gut schauspielern kann. Brooke hätte leicht zu einer nervigen Zicke mutieren können, die ständig nur ihren Bruder ermahnt, aber stattdessen ist sie offensichtlich skeptisch, aber abwartend und zurückhaltend, und vertraut Mike auch darin ihren Bruder zu schützen. Alex Pettyfer spielt Adam, der bisher nichts auf die Reihe bekommen hat und nun endlich was gefunden hat, worin er gut ist, ebenfalls überzeugend. Matthew McConaughey hatte offensichtlich Spaß als meist halbnackter, in enges Leder gekleideter Dallas, der große Reden schwingt und dazu auf Bongos trommelt ( beide Daumen hoch für diese Selbstironie).

Die Tanzszenen sind toll inszeniert, wobei Tatum ganz klar immer als bester Tänzer heraussticht. Aber auch die anderen Tänzer machen was her, v. a. Matt Bomer (bekannt aus "White Collar") als Schönling Ken oder Joe Manganiello als Big Dick Richie. Ein paar Längen hat "Magic Mike" schon (v. a. in einer etwas ausgedehnten Sonnenbad-Szene auf einer Düne), aber dennoch verging die Zeit hier gefühlt deutlich schneller als in "The Rum Diary".

Mädels, lasst eure Männer zu Hause, wenn sie eh nur rumnörgeln (wie in der von mir besuchten Vorstellung - da kam wohl einer mit der geballten Männlichkeit auf der Leinwand nicht klar), schnappt euch eure Freundinnen und habt eine schöne Zeit mit Magic Mike & Co.





Sonntag, 12. August 2012

Rundumschlag an Kurzkritiken, denn ich habe tatsächlich in letzter Zeit Filme gesehen

Merida - Legende der Higlands
Die Geschichte der schottischen Prinzessin Merida ist Pixars erster Versuch einer weiblichen Hauptfigur - und dazu handelt es sich auch noch um eine Prinzessin, eine Thematik, in der Disney durch langjährige Erfahrung nach wie vor den Ton angibt. Schön ist, dass Pixar seine erste Prinzessin aber ein wenig anders anlegt - hier wird am Ende nicht der holde Prinz geheiratet, da kann es vorher noch so sehr ein Turnier um Meridas Hand gegeben haben. Merida will ihre Freiheit und eckt damit bei ihrer Mutter extrem an, die es lieber sähe, wenn ihre Tochter sich damenhaft - eben wie eine wahre Prinzessin - benehmen würde. Einen Besuch bei einer leicht verwirrten Hexe später und Merida bekommt ihren Wunsch - die Veränderung ihrer Mutter. Nur leider anders, als sie es sich vorgestellt hatte...

Was gleich zu Beginn bei "Merida" auffällt, ist die wunderbare Optik. Die schottische Landschaft wird mit beeindruckenden Kamerafahrten gekonnt in Szene gesetzt und auf technischer Ebene gibt es absolut nichts auszusetzen. Auch Patrick Doyles keltisch anmutender Score passt perfekt und unterstreicht die Stimmung des Films sehr gut.
Nun geht man an einen Pixar-Film jedoch meist mit sehr hohen Erwartungen heran. Mir gefiel Merida, die lieber im Wald Bogenschießen übt als Wandteppiche zu sticken, als Charakter sehr gut und Nora Tschirner spricht sie mit der geforderten Forschheit auch sehr überzeugend. Das tragende Element des Films ist der Mutter-Tochter-Konflikt. Manchmal kam mir diese Entwicklung, v a. nach der Veränderung der Mutter, jedoch etwas gehetzt vor und zwischendurch kippt die eher ernsthafte, von gelegentlichen humorigen Elementen (z. B. Meridas Drillingsbrüder) durchbrochene Stimmung zu sehr ins slapstickhafte.
Dennoch hat mich der Film gut unterhalten wenn er auch nicht an meine Pixar-Lieblinge "Oben", "Ratatouille" und "WALL-E" herankommt.


Drive
"Drive" habe ich damals im Kino aus diversen Gründen ausgespart (schlechter Zeitpunkt, leichte Abschreckung durch die FSK-18 Bewertung) und im Nachhinein ärgert das mich nun doch ein wenig. Die stilisierte Optik des Films  kam im Kino sicherlich noch besser rüber als auf dem heimischen Fernsehbildschirm. Nicolas Winding Refns Arthouse-Film handelt von einem namenlosen Mann (Ryan Gosling), der tagsüber Stuntfahrer beim Film und Autmechaniker ist, nachts jedoch sein Können als Fluchtfahrer für Kriminelle zur Verfügung stellt. Er verliebt sich in seine zurückhaltende Nachbarin (Carey Mulligan), aber als ihr Mann aus dem Gefängnis entlassen wird und alte "Freunde" auftauchen, um Schulden einzutreiben, wird der Fahrer in eine Situation hineingezogen, die immer weiter eskaliert.

Winding Refn lässt sich sehr viel Zeit beim Aufbau seiner Charaktere und die erste halbe Stunde besteht zum Großteil aus langen Kameraeinstellungen und schweigsamen Charakteren. Beinahe unmerklich dreht er jedoch die Spannungsschraube an und das FSK-18-Label wird mit plötzlichen Gewaltausbrüchen auf jeden Fall gerechtfertigt. Dennoch sind alle, die blutiges Gemetzel sehen wollen, hier definitiv fehl am Platz, da sich diese Momente auf vielleicht vier Szenen beschränken.
Was "Drive" von ähnlichen B-Movies abhebt (denn etwas anderes ist die Handlung eigentlich nicht), ist die intensive Atmosphäre. Eine coole, gleichzeitig unterkühlte Optik, in Erinnerung bleibende Bilder (der Fahrer am Meer *schauder*), ein stylischer 80s Soundtrack, lange Kameraeinstellungen, wenig Dialog, undurchsichtige Charaktere - das alles trägt dazu bei, dass gerade die Atmosphäre des Films besonders im Gedächtnis bleibt.


The Amazing Spider-Man
Der Film, über den alle nach Ankündigung nur mit einem verwirrten Blick nach dem "Warum" frageten. Der letzte Teil von Sam Raimis "Spider-Man"-Trilogie war im Grunde kaum aus den Kinos verschwunden, da wurde auch schon ein Reboot angekündigt. Aber warum sollte man sich als geneigter Zuschauer nun schon wieder anschauen, wie Peter Parker von einer genetisch mutierten Spinne gebissen wird und plötzlich Superkräfte entwickelt? Gut, der Bösewicht ist dieses mal  der Lizard und nicht der Kobold, aber grün ist er auch. Und das hübsche Mädchen an Peters Seite ist nun nicht Mary Jane sondern Gwen Stacey, aber Eye Candy bleibt Eye Candy, oder?

Nun, teil teils. Mir persönlich gefällt dieses Spider-Man Reboot besser als Sam Raimis Version. Zum einen ist Andrew Garfield für mich einfach ein überzeugenderer und weniger weinerlicher Peter. Garfield ist ein bisschen mehr Nerd und bringt die Gefühle von Peter besser rüber, v. a. auch die Wut, die manchmal in ihm brodelt. Seine Romanze mit Gwen (Emma Stone) ist einfach schön anzusehen, auch weil Gwen eben nicht die übliche Maid in Not, sondern durchaus tough und auch mit einer guten Portion Humor ausgestattet ist. Und Rhys Ifans als Dr. Connors ist sympathisch, sodass er einem schon irgendwie leid tut, wenn er auf einmal zur bösen Echse mutiert.
Auf der technischen Ebene macht der Film auch was her, die Musik passt und ist schön heroisch, und die anderen Darsteller sind ebenfalls glaubwürdig.
Natürlich ist die Handlung jetzt nicht besonders neu und es wäre sicherlich sinnvoller gewesen, einfach nur einen kurzen Rückblick zu zeigen, in der Peters Wandlung zu Spider-Man kurz erklärt wird, anstatt sich damit die erste Hälfte des Films aufzuhalten. Und ja, es gibt auch so manche vorhersehbaren (z. B. bezüglich Gwen's Vater, der Polizist ist) oder kitschigen Momente - aber ich habe mich ganz wunderbar unterhalten gefühlt. Dieser neue "Spider-Man" hat auf jeden Fall eine Chance verdient.


Ice Age 4 - Voll verschoben
Mein Heimatkino hat diesem Film entgegen gefiebert, da jeder Teil der "Ice Age"-Reihe ganz einfach ein absolut sicheres Ding ist. Und auch Teil 4 ist es noch immer zu Recht. Dieses Mal löst unser verrückter Eichhörnchen-Ratten-Mix Scrat bei der Jagd nach seiner geliebten, doch so unerreichbare Eichel die kontinentale Verschiebung aus. Dies hat natürlich Auswirkungen auf unsere bunt gemischte Herde rund um Mammut Manni, Faultier Sid und Säbelzahntiger Diego. Sie werden von den anderen, u. a. Mannis Gefährtin Elli und seiner Teenie-Tochter Peaches, mit der er sich kurz vorher gestritten hatte, getrennt und auf einer Eisscholle aufs Meer gespült. Ihr Ziel besteht nun darin, die anderen wiederzufinden und dabei nicht von Sids Oma in den Wahnsinn getrieben zu werden. Unterwegs treffen sie auf eine Piratenbande rund um Captain Utan und einen Haufen überraschend schlagkräftiger Meerschweinchen.

Nach wie vor ist Scrat die Hauptattraktion des Films. Was er wieder für verrückte Abenteuer erlebt,  ist wie jedes Mal zum Brüllen komisch (v. a. die letzte Episode). Szenen stiehlt aber auch Sids Oma, die sich in nix reinquatschen lässt und dazu praktisch unkaputtbar ist. Außerdem hat sie ein sehr praktisches Haustier.
Die Piratenbande ist unterhaltsam skurril, aber ich hätte sehr gut ohne das "Vorstellungs-Lied" leben können...
Der Plot um Peaches und ihr Bestreben, zu den coolen Kids zu gehören, ist ziemlich vorhersehbar, aber noch ganz erträglich und birgt für die Kinder die übliche Aussage "Versuch dich nicht zu verstellen, um dazuzugehören, sondern halt dich an deine wahren Freunde". Doch auch im vierten Teil schafft die "Ice Age"-Reihe es, einfach nur gute Unterhaltung zu sein. Wir haben viel gelacht.



Beautiful Thing
Und zum Abschluss etwas eher Ausgefallenes. "Beautiful Thing" ist eine schöne Geschichte ums Erwachsenwerden, die erste Liebe und das Milieu in einer britischen Hochhaussiedlung. Die beiden Teenager Jamie (Glen Berry) und Ste (Scott Neal) sind Nachbarn. Jamie  wird in der Schule ständig von seinen Mitschülern gemobbt und schwänzt deshalb besonders oft den Sportunterricht, was seine zumeist überforderte Mutter (Linda Henry) zur Verzweiflung treibt. Stes Vater ist Alkoholiker und lässt seinen Frust immer an seinem Sohn aus, den er für eine absolute Niete hält. Als es eines Nachts besonders schlimm ist, flüchtet Ste nach nebenan zu Jamie. Die beiden werden Freunde und stellen bald fest, dass da mehr zwischen ihnen ist. Aber wie soll eine Beziehung zwischen ihnen funktionieren, wenn Stes Vater es auf gar keinen Fall erfahren darf und man vor den Mitschülern nicht als Schwuchtel dastehen will?

Die Beziehung zwischen Jamie und Ste entwicklet sich glaubhaft und wird sensibel dargestellt. Die Darsteller der beiden Jungs sind sehr gut - Berry spielt Jamie als jemanden, der sein Andersein soweit akzeptiert hat, während Neal als Ste derjenige ist, der große Probleme mit der Reaktion seiner Umgebung hat, aber seine Gefühle auch nicht komplett verleugnen will. Auch die anderen Darsteller bringen ihre Rollen gut rüber und man merkt, wie desillusioniert die Menschen in dieser Siedlung sind. Jamies Mutter fühlt sich hilflos in der Erziehung ihres Sohnes, zieht aber etwas Stärke daraus, dass Leah, die Tochter ihrer Nachbarin, offensichtlich noch viel schlimmer geraten ist. Gleichzeitig hat sie aber offensichtlich doch ein gutes Herz, da sie Ste gerne hilft und auch später, als sie von Jamies Homosexualität erfährt, versucht damit klarzukommen.
"Beautiful Thing" hat einige lustige Momente, regt zum Nachdenken an und verlangt nach mehr Toleranz, ohne mit dem erhobenen Zeigefinger daherzukommen. Einen Blick wert.