Beinahe so habe ich geschaut (vielleicht war auch etwas mehr Schock drin), als ich das Gerücht (?) gelesen habe, dass in "On Stranger Tides" nun David Nathan unseren Captain sprechen soll und nicht mehr Marcus Off. Das kann nicht deren Ernst sein. Okay, im Trailer war es ja bereits so, ABER das hatten wir davor ja auch schon oft genug, daher hab ich mir nichts weiter dabei gedacht. Und dann diese Nachricht.
Mir ist bewusst, dass dieser Blog nur ein winzigwinzig-kleines Lichtlein am Bloggerhimmel ist und das von den Verantwortlichen (sei es das Synchronstudio, oder Disney oder von mir aus auch einer der betroffenen Sprecher) wohl eh nie einer lesen wird - aber ich muss das einfach mal schön gesammelt an einer Stelle loswerden, anstatt es häppchenweise auf diversen Seiten zu verteilen.
Manch einer wird sich wundern, warum mich das aufregt - ist doch nur ein Sprecherwechsel, und Nathan ist doch eh der reguläre Sprecher von Johnny Depp. Nun, wer hier schon mal öfter reingeschaut hat, dem ist vielleicht aufgefallen, dass ich die "Fluch der Karibik"-Reihe und v. a. den bekloppten Piratencaptain sehr gern mag. Habe das hin und wieder,
mal hier,
mal da erwähnt. Ich bin Fan. Ich habe alle Teile mehrmals im Kino gesehen, habe diverses Merchandise (und damit meine ich durchaus auch kostenintensivere Sachen...) und fieberte Teil 4 entgegen. Der englische Trailer hat mir sehr gut gefallen.
Tja, und dann? Dann hieß es, es gäbe einen Sprecherwechsel. Und damit war meine Vorfreude im Grunde wie weggeblasen. Denn das ist einfach... ich kann es mir nicht vorstellen. Marcus Off ist mittlerweile stark mit der Figur des Jack Sparrow verbunden. Leute reagieren in anderen Filmen, in denen er synchronisiert, mit einem "Das ist ja Jack!" (gerade erst in "The Tourist" passiert). Er wird als Sprecher für Sonderwerbung bei Pro7 eingesetzt - explizit als Jack Sparrow, um die Ausstrahlung der Filme anzukündigen. Off ist für mich einfach der deutsche Jack - und wenn ich mich so im Bekanntenkreis umhöre oder in die Foren gucke, geht es sehr vielen anderen ebenso.
Natürlich möchte ich nicht leugnen, dass es auch erfreute Stimmen gibt. Manche finden Offs Stimme zu "tuntig" und begrüßen deshalb einen Wechsel zu Nathan. Andere interessieren Synchronsprecher prinzipiell nicht besonders, sie achten nicht drauf. Und dann gibt es natürlich noch die Minderheit der Leute, die eh nur Originalfassungen gucken. Die würde es aber auch nicht stören, wenn alles beim Alten bliebe. Über Jacks "tuntigen" Einschlag muss man nun wirklich nicht diskutieren - absolut total hundertprozentig hetero ist er nicht (von Depp ja selbst bestätigt), und viele, die ich kenne, finden Offs Stimme einfach sehr passend.
Das alles ist überhaupt kein Angriff auf David Nathan. Den finde ich als Sprecher wirklich sehr gut (meine Güte, ich hab mir mal ein Hörbuch gekauft, nur weil er es spricht). Hätte er von Anfang an Jack gesprochen und man wollte jetzt plötzlich zu Marcus Off wechseln, dann würde ich genauso verständnislos und verärgert reagieren.
Denn es geht ja nicht nur darum, dass man sich an die Stimme gewöhnt hat - sondern auch um die Kontinuität innerhalb der Reihe. Alle vier Teile am Stück anschauen (wie ich es geplant hatte, sollte es in den Kinos solche Vorstellungen geben) ist ja dann richtig unangenehm. Aber stimmt, das machen ja nur die Hardcore-Fans, eine verschwindend geringe Anzahl (
Sir Donnerbold könnte da jetzt möglicherweise etwas über die Besucherzahlen des Triple-Features sagen). Aber wenn selbst kleinen Kindern auffällt, dass Woody auf einmal in "Toy Story 3" eine andere Stimme hat und dadurch kurz Unruhe ausbricht, wie wird man denn dann in "On Stranger Tides" reagieren? Für den Wechsel in "Toy Story 3" gab es ja einen durchaus nachvollziehbaren Grund, auch wenn man sicher jemanden hätte finden können, dessen Stimme Peer Augustinskis mehr ähnelt.
Man hat nun einmal damals, aus was für Gründen auch immer, Marcus Off als Sprecher ausgewählt, und dann sollte man jetzt auch einfach dazu stehen. Diese Stimme gehört in Deutschland einfach zum Bild von Jack Sparrow dazu - man kann die Augen schließen und weiß sofort, "Aha, das ist Jack!". Ist man bisher denn nicht gut damit gefahren? Ich denke doch.
Und ich denke, dass dem Kinopublikum solche Veränderungen auffallen - und dass es darauf reagiert. So abgestumpft ist der durchschnittliche Kinogänger nämlich längst nicht, wie man vielleicht in so manchen Studios denkt. Wie war das noch mit der Neusynchronisation von "Arielle"? Ich erinnere mich auch noch gut daran, wie wir mit der Klasse "Troja" schauten, und eine Mitschülerin neben mir, die nicht sonderlich viel mit Filmen im Allgemeinen und Synchronisation im Besonderen zu tun hat, nach Brad Pitts erstem Satz ganz verwirrt sagte: "Aber das ist ja die falsche Stimme!" Als ich ihr sagte, dass das bewusst so gemacht wurde, kam von ihr nur: "Ist doch Mist, das passt doch überhaupt nicht." Dass der "Troja"-Sprecher eigentlich näher an Pitts Originalstimme dran ist als dessen Stammsprecher tat da gar nichts zur Sache - sie hatte eine bestimmte Stimme erwartet, die kam nicht, und sie bekam schlechte Laune.
Wie weiter oben gesagt, ich habe alle "Fluch der Karibik"-Teile mehrmals im Kino gesehen. Ich habe gutes Geld dafür bezahlt. Teil 1 sah ich zwei Mal, Teil 2 drei Mal und Teil 3 sechs Mal im Kino. Und ich bin jemand, der dann für jeden weiteren Kinobesuch Freunde mobilisiert und diese ebenfalls in den Film schleppt. Diese vielleicht sogar auch mehrmals, wenn der Film gut genug gefällt (so geschehen bei Teil 3). Und ganz ehrlich - ich überlege stark, ob ich mir Teil 4 so oft anschauen werde. Ich werde den Film mit der "falschen" Stimme ganz einfach nicht genießen können. Das ist kein stimmiges Bild. Natürlich weiß ich, dass Nathan sich so viel Mühe wie nur möglich geben würde, und er wäre sicherlich nicht schlecht in der Rolle - aber er
ist es einfach nicht. Er ist nicht Jack. So wird es wohl darauf hinauslaufen dass ich den Film einmal auf Deutsch schauen und dann eine lange Fahrt in Kauf nehmen werde, um die Originalfassung zu sehen.
Und ich weiß, dass werden einige andere ebenso machen - oder sie gehen gar nicht erst ins Kino, sondern warten auf die DVD.
Das alles tut mir unglaublich Leid. Ich will diesen Film wirklich lieben so wie die anderen Teile davor - aber sollte es wirklich dazu kommen, dass der Sprecher gewechselt wird; nun, dann weiß ich, dass ich nicht alleine bin, wenn ich sage: "Danke, damit habt ihr mir den Film verdorben."
Ganz ehrlich: Ich glaube nicht an diesen Kram mit den Gehaltsdiskussionen oder was auch immer das war. Sollte es nicht einfach möglich sein, Kontinuität zu bewahren und Kompromisse einzugehen, ganz einfach um des Endergebnisses Willen? Das sind doch alles erwachsene Leute in den Studios. Mir ist auch egal, wer da jetzt was gesagt/getan oder sonstwas hat, wer der Böse ist. Ich wünsche mir einfach, dass man das auf die Reihe kriegt und sich besinnt.
Und wer weiß schon, ob die Synchro bei "Toy Story 3" möglicherweise eine Rolle bei den schlechten Besucherzahlen hier in Deutschland spielte - die anderen beiden Teile liefen doch um einiges besser, wenn ich mich recht erinnere. Es ist ein potentieller Grund von vielen. Ich weiß nur, dass man Fans nicht unterschätzen sollte. Und Mundpropaganda. Wenn auch nur die Hälfte der Fans (denn die sind es, die solche Filme groß machen; die Leute, die mehrmals ins Kino gehen und ihren Freunden davon erzählen) so denkt wie ich, wie viele in meinem Bekanntenkreis, dann könnte sich das stark auf das Einspielergebnis auswirken. Und da hilft dann auch kein 3D mehr.
Aber wie gesagt, dass interessiert die Verantwortlichen nicht. Es geht ums Geld und irgendwer will da Machtspielchen oder dergleichen treiben. Und dies macht man ja gern auf dem Rücken der Fans. Vielleicht klingt das jetzt verbittert, aber das beschäftigt mich einfach schon seit Tagen. Ich kann mich nicht mehr auf "On Stranger Tides" freuen - und das ist das Traurigste an der ganzen Sache. Vielleicht ist diese ganze Aufregung umsonst und es bleibt alles beim Alten. Ein kleiner Funke Hoffnung ist noch da...