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Montag, 6. Februar 2012

Wir sind doch nicht bei James Bond: "Dame, König, As, Spion"


Bevor ich auf den (guten!) Film eingehe, möchte ich noch ein paar Worte über ein sehr sinnvolles, einigen Menschen anscheinend jedoch vollkommen fremdes, Konzept verlieren: Das der Informationsbeschaffung. Bevor man Geld für etwas ausgibt.
Manchmal frage ich mich wirklich, ob manche Leuten ihren Verstand auch benutzen, oder ihn einfach zu dekorativen Zwecken haben. Seltsam wie ich bin, informiere ich mich vor einem Kinobesuch über den Film - und damit meine ich: Ich lese auch mal eine komplette Kritik, und nicht nur das Fazit am Ende. Das kann durchaus dabei helfen, um um Filme, die mir vielleicht nicht so zusagen, einen Bogen zu machen, anstatt nachher enttäuscht im Kinosaal zu sitzen und (viel) Geld für etwas ausgegeben zu habe, was mir gar nicht gefällt.

Also, vorneweg: "Dame, König, As, Spion" handelt zwar von Spionage im Kalten Krieg der 70er Jahre, hat aber nichts, ich wiederhole: nichts!, mit "James Bond" oder der "Bourne"-Trilogie zu tun. Wer Explosionen sehen will, voll krasse Verfolgungsjagden (per Auto, Jet, zu Fuß) und große Kampf- und Prügelszenen, der ist in diesem Film absolut falsch. Wirklich, glaubt es mir.

Denn: Dieser Film nimmt sich Zeit. Zeit für Routine, für Eindrücke, für Mimik und Gestik. Wer die Geduld dafür nicht hat, kann im Grunde nach der ersten Viertelstunde gehen.

"Dame, König, As, Spion" basiert auf dem gleichnamigen Roman von John Le Carré. Dieser Roman ist sicherlich einer der bekanntesten Le Carrés, der seinen Durchbruch mit "Der Spion, der aus der Kälte kam" hatte, und spielt im Milieu des britischen Geheimdienstes MI6, von seinen Mitgliedern Circus genannt.

Hauptcharakter ist George Smiley (Gary Oldman), dessen ehemaliger Vorgesetzter Control (John Hurt) kurz vor seinem Rauswurf die Vermutung in den Raum stellt, dass einer seiner Spitzenleute ein Maulwurf des russischen KGB ist. Eine von Control heimlich in die Wege geleitetet Mission des britischen Agenten Jim Prideaux (Mark Strong), bei der man den Decknamen des Verräters herausfinden wollte, ist bereits dramatisch gescheitert.
Smiley wird beauftragt, der Sache auf den Grund zu gehen. Der machthungrige Percy Alleline (Toby Jones), der übergelaufene Toby Esterhase (David Dencik), der forsche Roy Bland (Ciarán Hinds) oder der selbstgefällige Bill Haydon (Colin Firth) - einer von ihnen muss der Maulwurf sein. Mit Hilfe seines Assistenten Peter Guillam (Benedict Cumberbatch) und dessen Kontaktmann Ricki Tarr (Tom Hardy) macht Smiley sich an die Arbeit.


Man muss schon sagen, Regisseur Tomas Alfredson ("So finster die Nacht") hat eine ansehnliche Schauspielerriege um sich versammelt.
Gary Oldman ist absolut zu Recht für einen Oscar nominiert. Sein George Smiley ist ein desillusionierter Charakter, sehr in sich gekehrt, der nur sehr wenig mit Worten, aber dafür um so mehr mit Mimik und Gestik spricht.
Toby Jones, Ciarán Hinds, David Dencik und Colin Firth geben ihren Spitzengeheimdienstlern interessante Facetten - jeder von ihnen könnte der Verräter sein, und keiner von ihnen sit wirklich sympathisch.
Benedict Cumberbatch spielt Smileys Assistenten charmant, aber auch durchsetzungsfähig genug, um absolut glaubwürdig zu sein. Eine Szene blieb mir besonders im Gedächtnis, da sie seinem Charakter noch einmal eine eher unerwartete Wendung gibt (und mir beinahe etwas zu nah ging, da es doch gewisse Parallelen zum Ende der zweiten "Sherlock"-Staffel gab…).
Mark Strong und Tom Hardy sind ebenfalls großartig als verbitterter (Ex)-Agent bzw. wandelndes Pulverfass; aber auch alle anderen Schauspieler passen sehr gut auf ihre Rollen und liefern tolle Leistungen ab.

Der Film besticht durch eine unterschwellige Anspannung und eine oft leicht beklemmende Atmosphäre; Paradebeispiele dafür sind das Treffen Jim Prideauxs mit dem möglichen Informanten, Peter Guillams heimliche Aktenbeschaffung im Circus, oder ein Gespräch auf einer Rollbahn während einer Flugzeuglandung.
Die Handlung springt zwischen Gegenwart (1973) und Vergangenheit hin und her, aber es gibt immer genug Hinweise, um dem Ganzen folgen zu können. Ich fand es jedenfalls längst nicht so kompliziert, wie manche Kritiken einen glauben machen wollten.

Wie gesagt nimmt Alfredson sich viel Zeit und das einzig Negative, was ich über diesen Film sagen kann, ist, dass die ein oder andere Szene tatsächlich nur zur Unterstreichung der Routine da war und ruhig hätte herausgenommen werden können. Dennoch habe ich mich nie gelangweilt, ganz einfach weil der Film meiner Meinung nach die Spannung trotz dieser Wiederholungen gut aufrecht erhält, und gerade zum Ende deutlich zulegt.

Fazit: "Dame, König, As, Spion" ist ein feiner Schauspielerfilm mit sehr gut ausgearbeiteter Atmosphäre und einem gemächlichen Erzähltempo. Wer krachende Action sucht, ist hier fehl am Platz, aber wer ein schönes Spionage-Schachduell sehen will, sollte sich diesen Film nicht entgehen lassen.

Mittwoch, 11. Januar 2012

Mein Kinojahr 2011

Ein bisschen spät dran bin ich ja dieses Jahr, aber irgendwas ist eben immer und im Moment muss ich zugeben, dass ich so gut wie meine gesamte Aufmerksamkeit auf meine Lieblingsserie konzentriere (wozu dann nach Ausstrahlung der letzten Folge auch eine Kritik folgen wird).

Nun, wie war denn meine Kinojahr 2011 so? Welche Filme fand ich gut, welche nicht so sehr, wie war das Publikum, gab es Überraschungen?
2011 habe ich 43 Mal das Kino aufgesucht (2010: 47), wobei sich die Besuche dieses Mal sehr schön auf die Quartale verteilen (10 / 11 / 12 / 10) und ich ehrlich gesagt am Ende nur aus Zeitgründen nicht auf mehr Besuche gekommen bin. Wie immer habe ich fleißig mein Heimatkino unterstützt (24 Besuche), auch zog es mich in die ein oder andere Großstadt (14 Besuche), davon allerdings nicht zwingend in die großen Kinos. *g* Einen totalen Ausreißer gibt es auch - als ich aus beruflichen Gründen in Hamburg war, verschlug es mich tatsächlich mit meiner Chefin ins Kino (das gerade umgebaut wurde, was allerdings die Vorstellung nicht störte).

Es gibt vier Filme, die ich zwei Mal im Kino sah, für "The King's Speech" ging ich drei Mal ins Kino und der vierte Teil der verfluchten Piraten brachte mich sogar fünf Mal dazu, Geld auszugeben.

Der beste Film


Und doch ist es nicht "Pirates of the Caribbean 4", der für mich der beste Film war, sondern "The King's Speech". Während "Pirates" doch ein paar Fehler hat, die mich tatsächlich auch stören, ärgert mich nichts an "The King's Speech". Colin Firth hat zu Recht einen Oscar für seine Leistung bekommen, aber auch alle anderen Schauspieler, allen voran Geoffrey Rush und Helena Bonham-Carter, sind absolut hervorragend und machen diesen Film zu ganz großem Kino. Er mag am Ende ein klein wenig pathetisch werden, aber bei der Thematik darf das auch mal sein. Und der Humor kommt ja zum Glück nicht zu kurz.
Neben "Pirates" finden sich in meiner absoluten Bestenliste außerdem noch "Sherlock Holmes: Spiel im Schatten" (hat sich noch schnell reingeschlichen), "Crazy Stupid Love" (wunderbare Liebesdramödie), "Super 8" und "Harry Potter 7.2".


Der schlechteste Film
Tja, das ist gar nicht so leicht zu beantworten. Ich fand keinen Film wirklich schlecht, denn wie immer habe ich ganz klug die offensichtlichen Katastrophen erfolgreich vermieden. Ich denke, hier passt aber "Anonymus" von Roland Emmerich ganz gut rein. Da wäre noch soviel mehr drin gewesen und irgendwie habe ich die Explosionen vermisst. Das Ganze plätscherte einfach so vor sich hin und haute nachher ein paar Wendungen raus, die doch sehr weit hergeholt schienen und nur um der Provokation Willen überhaupt vorkamen. Vergessenswert.

Der lustigste Film
Da schwanke ich doch sehr und belasse es bei einem Unentschieden zwischen "Der Gott des Gemetzels" und "Nichts zu verzollen". Beide waren auf ihre Art sehr lustig und wir haben fast die ganze Zeit nur gelacht. Auch gut war "Brautalarm", allerdings kam es hier doch ein paar Durchhänger.

Der emotionalste Film
Ich könnte jetzt sagen, dass war "True Grit", weil ich da zum Ende hin die Contenance doch sehr verloren habe. *ähem* Aber bis zu diesem Punkt hatte der Film mich nicht besonders aufgewühlt oder Ähnliches. Daher nenne ich hier "Black Swan". Ein wirklich toller Film, der mir doch sehr an die Nerven gegangen ist. Ich komme mit Psychothrillern nicht so gut klar, weswegen ich mir hier öfters ganz schön erschreckt und richtig mitgelitten habe. Nervenaufreibend und wir waren danach ziemliche Wracks *g*, aber ein richtig guter Film.

Die größte positive Überraschung
Ganz klar "The Green Hornet". Dieser Film sah irgendwie nach nix aus, aber er war überraschend unterhaltsam mit einem tollen Hauptdarsteller-Gespann und einem herrlich verrückten Christoph Waltz als Bösewicht. Der 3D-Effekt wurde ebenfalls sehr gut eingesetzt und von mir aus darf die grüne Hornisse gerne wiederkommen.


Da mich dieses Jahr kein Film enttäuscht hat (alle waren wie erwartet gut oder schlecht *g*), gibt es an dieser Stelle die
Honourable Horror Film Mention

"Fright Night"! Der Film ist toll! Das Timing war toll! Warum sind da nicht mehr Leute reingegangen? Wollt ihr wirklich alle nur noch Glitzervampire sehen? Dieser Film hier macht wenigstens Spaß, hat coole Darsteller und einen super Soundtrack. Alles Ignoranten...

Das beste Publikum
Sowohl in der Hamburger "The King's Speech"-Vorstellung als auch in "Nichts zu verzollen" hatte ich ein super Publikum! Voller Saal, richtig tolle Stimmung, viele Lacher, so muss das sein.
Ehrennennung für das Mädel hinter uns in der zweiten "Fright Night"-Vorstellung, die sich zuerst überrascht zeigte, wie gut ihr das Ganze gefiel und nachher über die weibliche Hauptfigur sagte, "Hey die mag ich, die ist wie ich!" *g*

Das schlechteste Publikum
Den Preis für das allgemein schlechteste Publikum können sich zwei Gruppen teilen, und zwar die in meinem ersten "Sherlock Holmes 2"-Besuch, und die in "Die drei Musketiere". So ein langweilig-reaktionsloses Publikum ist wirklich selten. Wie kann man ausgerechnet bei diesen beiden Filmen so dermaßen ruhig bleiben? Das ist eine Kunst.
Sondererwähnung für die ätzenden Blagen in "Immer Drama um Tamara", die relativ schnell merkten, dass das so gar nicht der Film aus dem Trailer ist: "Ey ich weiß auch nicht, Mann, im Trailer hat die mit voll vielen Typen rumgemacht!" Öhm jaaa... Es wurde noch einige Zeit diskutiert, aber verhältnismäßig ging es. Habe schon Schlimmeres erlebt.

Das erinnert mich an...
Natürlich weckte David Tennant in seinem Peter-Vincent-Aufzug aus "Fright Night" sofort Assoziationen zu Captain Jack Sparrow und er wird auch gern als der Jack Sparrow der Vampirjäger bezeichnet. Und was soll ich sagen: Er kann's tragen. *g*
In "Der gestiefelte Kater" kam in irgendeiner Szene ein Hamster vor, und woran wir sofot denken mussten war Krustelinchen aus "Der Gott des Gemetzels". Sowas bleibt eben hängen!
Und dann natürlich noch das verwendete Gift in "Sherlock Holmes 2". Das war nämlich Curare und ich saß da und erinnerte mich an eine Fanfiction zu "Fluch der Karibik", die ich vor Jahren las und in der eben dieses Gift vorkam. Hach, ist das schön, sowas zu wissen. *g*

Besondere Momente
Schön war es, "Pirates" in der Originalfassung zu sehen. Ich bin immer wieder erstaunt, wieviel ich tatsächlich verstehe.
Das "Harry Potter 7"-Double Feature war ebenfalls eine wirklich tolle Sache.
Und dann gab es noch die interessante Publikumsreaktion nach "Anonymus": "Öhm jaaa. Puh. Öhm...?" Man sah förmlich die Fragezeichen über den Köpfen. Kollektives Schulterzucken. *g*

Das Fan-Erlebnis

Photobucket

Wie, habt ihr wirklich geglaubt, ich würde das Jahr 2011 abhandeln, ohne "Fremde Gezeiten" separat zu erwähnen? Ich bitte euch! Ich habe wie alle anderen Fans auch lange auf den Film gewartet und wurde zum Glück nicht enttäuscht. Ja, es gab ein paar Sachen, die ich gerne anders gehabt hätte (kompliziertere Handlung, etwas mehr Jack-Tricksereien und v. a. kein Mord an einem meiner Lieblings-Nebencharatere!), aber dennoch war ich von dem Film wirklich begeistert und bin v. a. sehr glücklich über das sehr gut gelungene Ende. Teil 5 kann kommen. :)

Und das war mein Rückblich auf's Kinojahr 2011. Hoffe, es hat euch gefallen.

Ähnliche Artikel:

Samstag, 26. Februar 2011

The King's Speech


Hier folgt nun mein Versuch, trotz der unglaublich lauten Entwässerungsmaschine direkt neben mir (danke an den Wasserrohrbruch) und der daraus resultierenden kaum zu ertragenen Hitze irgendetwas Ergiebiges über Tom Hoopers "The King's Speech" zu schreiben. Für zwölf Oscars nominiert, darunter in den Kategorien Bester Film, Bester Hauptdarsteller, Beste Regie, Beste Nebendarsteller... eigentlich für so ziemlich alles. Und einige Preise wird der Film mit Sicherheit mit nach Hause nehmen - vollkommen zu Recht.

Erzählt wird die Geschichte von Albert, dem Duke of York, der seit frühester Kindheit unter starkem Stottern leidet, was für ihn öffentliche Auftritte, die er nun einmal als Sohn des englischen Königs zu absolvieren hat, zur Qual macht. Unzählige Ärzte konnten ihn nicht heilen und als letzten Ausweg bittet ihn seine Frau Elizabeth, den Sprachtherapeuten Lionel Logue aufzusuchen. Mit seinen unkonventionellen Methoden schafft er es tatsächlich, Alberts Stottern zu reduzieren. Dann allerdings dankt sein älterer Bruder David ab, der nach dem Tod des Vaters der neue König von England geworden war, um seine Geliebte, eine zwei Mal geschiedene Amerikanerin, zu heiraten. Albert muss als George VI nun mit Reden sein Volk unterstützen, denn der 2. Weltkrieg steht unmittelbar bevor...

Ein großartiger Film! So einfach kann man es zusammenfassen - jede Oscar-Nominierung ist vollkommen verdient. Bei "The King's Speech" handelt es sich um einen richtig guten, unterhaltsamen, mitunter sogar spannenden Schauspielerfilm. Die großartige Besetzung trägt den Film, ohne sie würde es nicht funktionieren.

Colin Firth als Albert ist grandios. Wie er die innere Aufgewühltheit dieses Mannes glaubhaft ausdrückt, der auf gar keinen Fall König werden will, der eine unglückliche Kindheit hatte, der unter seinem Stottern leidet und die Hoffnung schon fast aufgegeben hat. Sein Zusammenspiel mit dem immer wieder wunderbaren Geoffrey Rush als Logue ist perfekt und richtig unterhaltsam. Da stimmt die Chemie. Die besten Szenen des Films sind dann auch die, in denen Firth und Rush gemeinsam vertreten sind, gerade weil die Wortgefechte zwischen ihnen einen herrlich trockenen Humor beinhalten.

Auch Helena Bonham-Carter als Elizabeth (die spätere Queen Mum) ist vollkommen überzeugend - sie ist sympathisch, weich, aber man spürt trotzdem eine gewisse Bestimmtheit in ihrem Handeln, dass sie glaubhaft macht als den großen Rückhalt ihres Mannes. Sie steht bedingungslos hinter ihm und unterstützt ihn so gut sie kann. Ebenfalls sehr gut, teilweise sogar augenzwinkernd besetzt sind die Nebenrollen. Als großer Fan der BBC-Verfilmung von "Stolz & Vorurteil" mit Colin Firth habe ich mich sehr gefreut, nicht nur den Mr. Collins (David Bamber) in einer kleinen Nebenrolle als schmierigen Theaterregisseur zu sehen, sondern vor allem Jennifer Ehle, die hier Logues Ehefrau Myrtle spielt und damals die Elizabeth Bennett gab. Zugegeben, man muss zweimal hinschauen, um sie zu erkennen, aber es macht das Zusammentreffen zwischen Albert und Myrtle gleich doppelt lustig. *g*

Guy Pearce als David (Edward VIII) und Eve Best als seine Geliebte Wallis Simpson sind sofort richtig unsympathisch und damit ebenfalls gut besetzt.Etwas seltsam war es allerdings schon, Timothy Spall als Churchill zu sehen. Ich kann nicht anders, Spall wird für mich auf ewig die Ratte Pettigrew aus "Harry Potter" bleiben...

Überraschend fand ich, wie humvorvoll "The King's Speech" ist. Vor allem die schon erwähnten Wortgefechte zwischen Albert und Logue sind urkomisch, aber es schimmert immer wieder auch in anderen Szenen trockener Humor durch, der einen schmunzeln lässt. Besonders gut angekommen ist die Szene, in der Logue Albert auffordert, alle Schimpfwörter, die ihm einfallen, herauszuschreien. Das böse F-Wort kommt besonders häufig zum Einsatz, was dem Film in den USA ein R-Rating einbrachte. Ist ja auch logisch. Warum sollten Jugendliche auch einen Film sehen dürfen, in dem so ein böses Wort mehr als drei Mal gesagt wird? Das könnte sie für den Rest ihres Lebens traumatisieren. Wen interessiert da noch die Geschichte, in der mit Hilfe von Freundschaft und Vertrauen persönliche Schwierigkeiten und Schwächen überwunden werden. Dann schon lieber "Transformers 2", das sind wenigstens Identifikationsfiguren!

Ähm ja. Möglicherweise merkt man, dass ich diese Entscheidung der MPAA absolut lächerlich finde.

Weiter im Text. Nicht nur die Schauspieler sind großartig, auch die Musik passt sich sehr gut dem Geschehen an und unterstützt die Szenen. Sehr gute Kameraarbeit, realistische Kostüme, tolle Ausstattung, effektvoller Schnitt... was will man mehr? Gut, möchte man unbedingt etwas monieren, dann könnte man vielleicht anführen, dass die historischen Fakten etwas gedreht wurden, um die Dramatik zu erhöhen (so hielt Albert bereits 1927 dank Logues Hilfe eine stotterfreie Rede in Canberra), aber schließlich ist es ja immer noch ein Film und ein bisschen Dramatik gehört dazu. ;)

Interessant war es, das Publikum zu beobachten. Bei beiden Vorstellungen haben wir das Durchschnittsalter deutlich gesenkt - ich habe noch nie so viele Leute über 50 im Kino gesehen. Das führte aber auch dazu, dass es sehr angenehme Kinobesuche waren. Keine kichernden Teenies, keine Handyspielereien, kein lautes Tütenknistern. Warum kann es nicht immer so sein?

Fazit: Unbedingt reingehen! Großartige Schauspieler und gute Inszenierung fesseln den Zuschauer bis zur letzten Minute - und das ganz ohne Effekthascherei!

Sonntag, 18. April 2010

A Single Man

Eigentlich hat mich "A Single Man" aus zwei Gründen gereizt: Colin Firth spielt mit und wurde sogar für den Oscar nominiert, und Tom Ford, früherer Kreativdirektor bei Gucci und mittlerweile Chef seines eigenen Modelabels, führte Regie. Wie soll das bitteschön aussehen?

Nun, um den Film überhaupt sehen zu können, musste ich erst einmal ein paar Nischenkinos abklappern, wurde so aber immerhin auf ein sehr charmantes Kino aufmerksam, dass sich auf etwas mainstream-abseitigere Filme spezialisiert hat.Und mich überkam gleich die Nostalgie, als es als Kinokarte tatsächlich noch die bunten kleinen „Schnipsel“ gab, auf denen noch nicht einmal der Filmtitel vermerkt ist. Das letzte Mal Ende der 90er gesehen. Hach.

Nach ein paar Trailern zu erwartungsgemäß unkommerziellen Filmen (die aber dennoch recht vielversprechend aussahen, wie „Sin Hombre“ und „Vertraute Fremde“) begann der Film.

Wir lernen George Falconer (Colin Firth) kennen, Universitäts-Professor in Los Angeles der 60er Jahre, der vor kurzem seinen Lebensgefährten Jim (Matthew Goode) bei einem Autounfall verloren hat. Da Homosexualität ein absolutes Tabu ist, kann er sich gerade einmal seiner Jugendfreundin Charlotte (Julianne Moore) anvertrauen. Nach Jims Tod kann George seinem Leben im Grunde nichts mehr abgewinnen, jeder Tag zieht im gleichen Grau an ihm vorbei. Und so beschließt er am 30. November 1962, sich umzubringen. Wir begleiten ihn durch diesen Tag, an dem eine Unterhaltung mit einem seiner Studenten (Nicholas Hoult) ihn aus seiner Lethargie reißt, er noch einmal einen Abend mit Charlotte verbringt und sich an die Zeit mit Jim zurückerinnert. Aber sein Entschluss steht...

Tom Ford erzählt sein Filmdebüt, welches auf dem Roman „Der Einzelgänger“ von Christopher Isherwood basiert, in exquisiten, stilisierten Bildern. Das mag nicht jedermanns Geschmack sein, und ein wenig daran gewöhnen muss man sich schon, da Ford häufig mit extremen Nahaufnahmen, Farbwechseln, Zeitlupe und Schneeeffekt arbeitet, aber hat man sich einmal darauf eingelassen, lässt einen der Film so schnell nicht mehr los.

Die Handlung schreitet in gutem Fluss voran; immer wieder wird man als Zuschauer (u.a. durch das permanente Ticken von Uhren) daran erinnert, dass dies der letzte Tag in Georges Leben ist. Hin und wieder wird die Beziehung zwischen George und Jim in kurzen Rückblenden gezeigt – ausgewählte, wichtige Momente aus ihrem gemeinsamen Leben, die dem Zuschauer helfen, Georges Entscheidung nachzuvollziehen.

Die großartigen Schauspieler tragen natürlich ebenfalls beträchtlich zum Gelingen des Films bei.Colin Firth wurde absolut zu recht für den Oscar nominiert. Er vermittelt Georges innere Leere sehr glaubwürdig – ein Mann, der die Liebe seines Lebens verloren hat und noch nicht einmal öffentlich trauern kann, sondern einfach weiter funktioniert und sich verschließt.Auch Julianne Moore liefert eine tolle Vorstellung als in Selbstmitleid zerfließende Charlotte, die den neuen Tag gleich mit einer Flasche Gin begrüßt und den ganzen Tag damit verbringt, sich für den Abend ausgehfertig zu machen. Auch die übrigen Schauspieler, seien es Nicholas Hout, Matthew Goode oder auch Jon Kortajarena als James Dean-Verschnitt Carlos sind überzeugend und bleiben im Gedächtnis.

Überrascht hat mich an „A Single Man“, dass der Film nicht durchgängig in Drama und übler Vorahnung ertrinkt, sondern dass es durchaus leichte und humorvolle Momente gibt. Wenn George ausprobiert, wie er sich am besten erschießt, um eine Sauerei im Haus zu vermeiden, ist das zugleich makaber und sehr lustig.

Ich muss zugeben, dass ich direkt nach dem Film unschlüssig war, wie gut er mit gefallen hat. Ich stelle jedoch fest, dass der Film zumindest für mich einen großen Nachwirkungseffekt hat und es mich sehr reizt, ihn noch einmal zu sehen.

Alles in allem ein großartiges Filmdebüt von Tom Ford mit überzeugenden Darstellern in einer ergreifenden Geschichte. Ford darf gerne noch mehr Filme machen.