
Bevor ich auf den (guten!) Film eingehe, möchte ich noch ein paar Worte über ein sehr sinnvolles, einigen Menschen anscheinend jedoch vollkommen fremdes, Konzept verlieren: Das der Informationsbeschaffung. Bevor man Geld für etwas ausgibt.
Manchmal frage ich mich wirklich, ob manche Leuten ihren Verstand auch benutzen, oder ihn einfach zu dekorativen Zwecken haben. Seltsam wie ich bin, informiere ich mich vor einem Kinobesuch über den Film - und damit meine ich: Ich lese auch mal eine komplette Kritik, und nicht nur das Fazit am Ende. Das kann durchaus dabei helfen, um um Filme, die mir vielleicht nicht so zusagen, einen Bogen zu machen, anstatt nachher enttäuscht im Kinosaal zu sitzen und (viel) Geld für etwas ausgegeben zu habe, was mir gar nicht gefällt.
Also, vorneweg: "Dame, König, As, Spion" handelt zwar von Spionage im Kalten Krieg der 70er Jahre, hat aber nichts, ich wiederhole: nichts!, mit "James Bond" oder der "Bourne"-Trilogie zu tun. Wer Explosionen sehen will, voll krasse Verfolgungsjagden (per Auto, Jet, zu Fuß) und große Kampf- und Prügelszenen, der ist in diesem Film absolut falsch. Wirklich, glaubt es mir.
Denn: Dieser Film nimmt sich Zeit. Zeit für Routine, für Eindrücke, für Mimik und Gestik. Wer die Geduld dafür nicht hat, kann im Grunde nach der ersten Viertelstunde gehen.
"Dame, König, As, Spion" basiert auf dem gleichnamigen Roman von John Le Carré. Dieser Roman ist sicherlich einer der bekanntesten Le Carrés, der seinen Durchbruch mit "Der Spion, der aus der Kälte kam" hatte, und spielt im Milieu des britischen Geheimdienstes MI6, von seinen Mitgliedern Circus genannt.
Hauptcharakter ist George Smiley (Gary Oldman), dessen ehemaliger Vorgesetzter Control (John Hurt) kurz vor seinem Rauswurf die Vermutung in den Raum stellt, dass einer seiner Spitzenleute ein Maulwurf des russischen KGB ist. Eine von Control heimlich in die Wege geleitetet Mission des britischen Agenten Jim Prideaux (Mark Strong), bei der man den Decknamen des Verräters herausfinden wollte, ist bereits dramatisch gescheitert.
Smiley wird beauftragt, der Sache auf den Grund zu gehen. Der machthungrige Percy Alleline (Toby Jones), der übergelaufene Toby Esterhase (David Dencik), der forsche Roy Bland (Ciarán Hinds) oder der selbstgefällige Bill Haydon (Colin Firth) - einer von ihnen muss der Maulwurf sein. Mit Hilfe seines Assistenten Peter Guillam (Benedict Cumberbatch) und dessen Kontaktmann Ricki Tarr (Tom Hardy) macht Smiley sich an die Arbeit.

Man muss schon sagen, Regisseur Tomas Alfredson ("So finster die Nacht") hat eine ansehnliche Schauspielerriege um sich versammelt.
Gary Oldman ist absolut zu Recht für einen Oscar nominiert. Sein George Smiley ist ein desillusionierter Charakter, sehr in sich gekehrt, der nur sehr wenig mit Worten, aber dafür um so mehr mit Mimik und Gestik spricht.
Toby Jones, Ciarán Hinds, David Dencik und Colin Firth geben ihren Spitzengeheimdienstlern interessante Facetten - jeder von ihnen könnte der Verräter sein, und keiner von ihnen sit wirklich sympathisch.
Benedict Cumberbatch spielt Smileys Assistenten charmant, aber auch durchsetzungsfähig genug, um absolut glaubwürdig zu sein. Eine Szene blieb mir besonders im Gedächtnis, da sie seinem Charakter noch einmal eine eher unerwartete Wendung gibt (und mir beinahe etwas zu nah ging, da es doch gewisse Parallelen zum Ende der zweiten "Sherlock"-Staffel gab…).
Mark Strong und Tom Hardy sind ebenfalls großartig als verbitterter (Ex)-Agent bzw. wandelndes Pulverfass; aber auch alle anderen Schauspieler passen sehr gut auf ihre Rollen und liefern tolle Leistungen ab.
Der Film besticht durch eine unterschwellige Anspannung und eine oft leicht beklemmende Atmosphäre; Paradebeispiele dafür sind das Treffen Jim Prideauxs mit dem möglichen Informanten, Peter Guillams heimliche Aktenbeschaffung im Circus, oder ein Gespräch auf einer Rollbahn während einer Flugzeuglandung.
Die Handlung springt zwischen Gegenwart (1973) und Vergangenheit hin und her, aber es gibt immer genug Hinweise, um dem Ganzen folgen zu können. Ich fand es jedenfalls längst nicht so kompliziert, wie manche Kritiken einen glauben machen wollten.
Wie gesagt nimmt Alfredson sich viel Zeit und das einzig Negative, was ich über diesen Film sagen kann, ist, dass die ein oder andere Szene tatsächlich nur zur Unterstreichung der Routine da war und ruhig hätte herausgenommen werden können. Dennoch habe ich mich nie gelangweilt, ganz einfach weil der Film meiner Meinung nach die Spannung trotz dieser Wiederholungen gut aufrecht erhält, und gerade zum Ende deutlich zulegt.
Fazit: "Dame, König, As, Spion" ist ein feiner Schauspielerfilm mit sehr gut ausgearbeiteter Atmosphäre und einem gemächlichen Erzähltempo. Wer krachende Action sucht, ist hier fehl am Platz, aber wer ein schönes Spionage-Schachduell sehen will, sollte sich diesen Film nicht entgehen lassen.